Der Erwerb unseres ersten Audi V8

Ein Schiff aus der Dunkelheit

Ein Schiff aus der Dunkelheit

Es war ein mehr oder weniger verregneter Frühjahrstag des Jahres 2010, mit vergleichsweise wenig Ausflugsreiz oder gar Verführung zum Hinausgehen. Die Familie Schweikert war bisher (resultierend aus Vernunft) ganz und gar abgeneigt, dem autogierigen Junior den außerordentlich anspruchsvollen Wunsch zu erfüllen, zumindest mal einen Audi V8 (Typ D11) probe gefahren zu haben. Geprägt von den ökonomischen Zeichen der Zeit und demnach weder gewillt noch motiviert, in irgendeiner Weise einen Verbrauch von 15 Litern Super tolerieren zu dürfen…, ABER:

Glücklicherweise können Personen innerhalb einer Familie auch mit Nachsicht auf die verträumten Vorstellungen ihrer Mitmenschen reagieren, genau dies war nun endlich der Fall. Nachdem mein persönlicher Herr Cousin das erste Oberklasse-Allradmodell dieser Welt bereits von 2003 bis 2006 fortbewegte, war es den geradezu herrlichen Erinnerungen nach völlig naheliegend, dem Traditionswahn interessehalber nachzugehen und dem in Ehre verunfallten 94er 3.6-Exclusiv einen letzten Dienst zu erweisen – nämlich einen würdigen Nachfolger zu finden, wo ich doch der felsenfesten Überzeugung war, dass zumindest ein V8 in die Familie gehöre!

Jahre quängelte ich, Jahre sparte ich, Jahre sprach ich diesbezüglich davon! Der „Vorgänger“ (der ehemalige V8 meines Familienmitglieds) wurde aufgrund angenehmer Lärmbelästigung (zu laut, aber akustisch ein Gedicht) gern und mit 25 Malen sehr häufig von Polizeistreifen aus dem Verkehr gezogen. Daher war es mir im Zweifelsfalle eher ein Bedürfnis, auf gangsterhaftes Image beim Freund und Helfer sowie auf schwarze Blinker oder ähnliches zu verzichten. Stattdessen sollte es viel eher ein seriöser Vertreter der Originalität sein, leider Gottes war der erstbetrachtete dies dann dank der etwas spießig anmutenden Aero-„Gullideckel“-Felgen schon fast zu sehr.

Die Anzeige verlockte mit den ausgeschriebenen 2.350,-Eur durchaus, zumal der Wagen in Anbetracht des Scheckhefts eine ehrliche Historie widerzugeben versprach und vermochte. Er hatte (und hat) eine Persönlichkeit! Farbe Zermatt Metallic (ja, ein Silberton mit Goldstich und nur im Modelljahr 89 vertreten). Eine als eine Mischung aus Silber und Gold durchgehende Farbzusammensetzung mit champagnerartigem Glanz, könnte man sagen, und vor allen Dingen mit herausragendem Seltenheitswert. Dies deckt sich mit der ohnehin schon sehr niedrigen gebauten Stückzahl dieses Modells, wo sich doch das nachfolgende Modell „A8“ um ein Vielfaches besser verkaufte, was nicht nur daran lag, dass der Grundpreis nicht mehr bei schockierenden 100.000 DM lag!

Gekauft wie besehen

Gekauft wie besehen

Das Fahrzeug wurde besichtigt und mit roten Kennzeichen auf Herz und Nieren geprüft. Was stellte man(n) anschließend fest? Nun: der Wagen klang gesund und lief rund, qualmte jedoch wie ein katalysatorfreier 600er MB! Doch er überraschte positiv in seiner feinen und doch dezenten Erscheinung, hatte diverse kleinere Mängel, aber war zumindest voll fahrbereit. Später kristallisierte sich zwar heraus, dass die Reifen lebensgefährlich waren, jedoch lies der Besitzer des Autohandels auch die seinen Namen tragende Herzdame mit dem Wagen fahren – und somit gehe ich auch just zu dieser Sekunde noch wohlwollend davon aus, dass von der Reifengefahr zuvor niemand bzw. keine Menschenseele genauer unterrichtet war.

Alles wirkte etwas verbraucht, was die dem 280km/h-Tacho zu entnehmenden 269.883km auch unterstrichen haben, jedoch hatte das mit stolzen 80 Litern betankte Luxusgefährt einen gewissen Reiz, nicht nur aufgrund der ansprechenden Chromschalter für elektrische Sitzverstellungsmöglichkeiten. Auch der dämlicherweise mit Schrauben bestückte Dachhimmel machte den Wagen nur individueller und eigener – und dank der drei verschiedenen Schlüssel und der nachgerüsteten Zündcode-Alarmanlage, war es in jedem Falle offensichtlich, dass sich der Audi an genug Beliebtheit erfreute, um mehrmals geklaut zu werden. Erstaunlicherweise wirkte die 250PS-Limousine aus dem Stand verdammt träge, schaltete man aber auf „S“ und gab ihm urplötzlich die Sporen, so erkannte man von einem Moment auf den anderen auch die sportlichen Gene des Urvaters aller Achtzylinderaudis, welcher den ersten Gang bis knapp 100 ausdrehte (später „nur“ noch bis zu echten knapp 80!).

Doch irgendetwas wollte nicht aufhören, sich bemerkbar zu machen, es war ein dem schönen Motorklang viel Kontrast bietendes Geräusch, welches der Verkäufer als „Klappergeist“ zu bezeichnen pflegte. Plötzlich fiel auch die automatisierte Klimatisierung aus und leider Gottes schien uns auch der Bordcomputer mit penetranter ABS-Warnung ein Lied der Trauer vorsingen zu wollen. Schade eigentlich – so dachten wir. Doch im Gegenzug dessen waren die positiven Seiten des Wagens nicht wegzuignorieren, so zum Beispiel die nahezu neuwertige Lederausstattung! Wir fühlten uns gegenwärtig ganz und gar hin- und hergerissen, immerhin nahmen wir die Strecke nach Freiburg nicht zu 100% ohne Grund in Kauf, wo uns (oder vor allem meiner Wenigkeit) doch tatsächlich der Sinn nach einem V8 stand. Siglachromverglasung, beheizbare Türschließzylinder und Radio Delta mit Kopfhöreranschlüssen, dies sind nur einige der verspielten Details bezüglich der Ausstattungsmerkmale, welche das klassengerechte Bild des Audi V8 zu prägen scheinen.

Allerdings wusste der Wagen auch zu blenden, denn eine rostfreie Karosserie ist für den echten verehrenden Fan weder Ersatz für originale BBS-Felgen, noch für eine nicht zitternde Lenkung. Letzten Endes war es die Verhandlung, welche mich nicht nur aufblühen lies, sondern den Preis obendrein auch ein wenig senken konnte – sehr zum Wohle des Käufers und im Interesse des eigenen Geldbeutels. Gesagt getan! Eine Woche später wurde uns der Wagen dank raschem „Lieferservice“ direkt vor die Haustür gestellt, dies setzte natürlich leichten Aufpreis voraus. Wir schlugen dabei 30 Euro vor, dann sagte der zugleich als Verkäufer und Lieferant dienende Herr plötzlich: „Halloo, V8 !?!, 30Euro??„. Als wir 50 boten, war der Deal dann doch in allem Frieden mit Bravur abgeschlossen.

Und man konnte es kaum erwarten, denn eine Rarität sein Eigen zu nennen, das ist durchaus reizvoll und gleichermaßen attraktiv für Menschen, die die Blutgruppe „Benzin“ mit sich tragen! Dass ich gerade nach dem Vollenden meines 14. Lebensjahrs bereits einen Anteil der 1850 Euro übernehmen würde, erschien mir damals als sehr fragwürdig und hartgesotten, doch im Nachhinein betrachtet, wurde ich in hohem Ausmaß eines Besseren belehrt: die Anschaffung ist mit Abstand das Billigste bei V8-Audis!

Was wir mit ihm alles erlebt haben… es wäre doch tatsächlich zu komplex, um es detailliert zu schildern. Hat er uns doch im Laufe der Zeit sehr viele -um nicht zu sagen zahlreiche- Sorgen verursacht, war er doch andererseits auch ein nie liegenbleibender Weggefährte mit einem Hauch von Klassik, jawohl, ein begleitender Zeitgenosse. Es hat schon seinen Grund, dass des Mechanikers schlimmster Alptraum der Audi V8 ist, wo man doch in die Mittelklasse-Karosse von gestern den Technikvorsprung von morgen buchstäblich kompliziert verpflanzen musste. Auch brechen einem die Ersatzteilkosten auf eine zwar nicht tödliche aber durchaus schmerzhafte Art und Weise buchstäblich das Genick! Und dennoch: es wurde im Rahmen der Möglichkeiten immer erneut investiert (grausig investiert) und dies in den besten Tagen sogar nicht zu knapp, denn bereits nach relativ kurzer Zeit, wollten wir mit ihm besondere Orte wie die Schweiz bereisen und besuchen. Treu blieb er uns immer – wenn auch in zickiger Form. Womöglich wollte der bockige überdimensionierte 89er Audi der Superklasse einfach seine Räder zurück, zumal uns der Freiburger Kiesplatzhändler ja eigentlich noch einen Satz Reifen schuldete, aber bei Rückfragen diesbezüglich untergetaucht war…

Am Ende zählt bei Wagen wie diesem (und Tagen wie diesen) doch nur das subjektive Gefühl des Empfindens: rentiert sich der Kauf eines solchen Wagens wirklich ??? Fakt ist, dass die Tatsachen für sich sprechen und der V8 für Liebhaber ein Pflichtprogramm darstellen sollte, sofern man etwas dafür tut -auch fortan tun wird- und mit Leib und Seele bei der Sache ist. Schenkt man dem drehfreudigen 32-Ventil-Aggregat Langstrecke, so revangiert sich der Große sogar mit Zuverlässigkeit auf ganzer Linie! Dies war der Anfang meiner eigenen Turbolenzen des Teilhabens an einer Automobilwelt, was sich natürlich -je nach Typ Mensch- beispielsweise ebenso auf einen Jaguar XJ-40 oder andere erhaltenswerte Fahrzeuge beziehen kann, sofern man über die bereits erwähnte nicht offizielle Blutgruppe „Benzin“ verfügt. Wie stehen Sie dazu? Es lebe der Erhalt von Youngtimern, beispielhaft belegt wird die Bedeutung solcher Vehikel beispielsweise dadurch, dass die Geschichte von Erwerb und Beginn unseres/meines V8 (der zuvor übrigens 19 Jahre in Südfrankreich lief) lange nicht die Einzige war, welche wir in ach so genussreicher Form erleben durften…

Bis in Bälde – Danny

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Über Danny King V8

Guten Tag, mein Name ist Danny Schweikert und ich interessiere mich -neben dem ein oder anderen weiteren Hobby- für die vergangene und auch gegenwärtige automobile Oberklasse, sowie insbesondere für den Audi V8 als ersten Allradvertreter der Luxusklasse (zu welchem ich ursprünglich durch meinen persönlichen Cousin kam). Nach sieben Jahren G8 und einem Jahr Verkauf, war und ist es mir in meiner Freizeit nun ein Bedürfnis, mich dem Schreiben zu widmen, zumal man(n) in diesem Blog sicher großes Vergnügen erleben darf. Selbst bewegen wir nun einen 89er V8 3,6 - mit Exclusiv-Ausstattung und farblich silbern und schwarz in Lack und Leder. Der Grund, weswegen mich der Weg des großen sozialen Netzwerkes auch zu "Sandmanns Welt" führte, ist die Tatsache, dass hier sozusagen unbeschwerte Lebensphilosophie betrieben wird, wir sprechen lediglich über die Dinge - mit dem Schwerpunkt auf Youngtimerfahrzeuge und ausreichend angenehm motorisierte Vehikel im Allgemeinen :D! Vielen Dank. Es grüßte Danny

8 Antworten zu Der Erwerb unseres ersten Audi V8

  1. Sandmann sagt:

    Ay Danny,

    fein, deine textgewaltigen Ausführungen zu lesen 🙂 Ich denke, du wirst der jüngste hier unter uns sein!
    Erfahren wir denn noch hier und da, was ihr so erlebt habt? Vielleicht mit vielen bunten Bildern?

    Aber VORHER hol dir bei mir ein kleines Layout-Seminar ab 😉 Der Papa hat’s in diesem Fall gerichtet. Schöne Ferien!

    Sandmann

  2. Snoopy sagt:

    Na da bin ich ja auch mal auf die weiteren Ausführungen gespannt.
    Ich glaube mit lebensgefährlichen Reifen hat der Herr Sandmann auf dem V8 auch schon experimentiert 😉
    Im Endeffekt ist eine so tolle Limousine zwar etwas feines, aber Ersatzteil und Reparaturkosten fressen einen auf wenn man nicht viel selber machen kann und einen Ersatzteilfundus hat.
    Ein Bekannter macht das mit alten Mercedesschiffen. Sehr günstig kaufen und fahren bis etwas größeres den Geist aufgibt…

  3. Danny King V8 sagt:

    Man dankt schonmal für die Rückmeldungen. Weiteres folgt zu gegebener Zeit.
    Einen Teilespender haben wir nun endlich: 3,6 Liter PT aus 94 in Schwarz matt!
    Was den XJ-12 anbelangt: TOP-Youngtimer :D… einer der schönsten Wagen.
    Aber ja – sicher nicht der reperaturfreundlichste Brite, als Serie 3 bis 92 gebaut.
    Bin froh, dass der ´89 V8 kostenlos bei meiner Oma überdacht stehen darf 🙂

    Danny

    • Ingo sagt:

      Die Geschichte des 89er Zermattsilbernen V8 geht weiter. Seit Mai 2022 fährt das Auto mit mir durch die Gegend. Es gibt nach wie vor immer was zu tun an ihm, aber er läuft tapfer weiter mit H-Kennzeichen.

      • Sandmann sagt:

        Ay Ingo,
        wow nach 10 Jahren eine Fortsetzung 🙂 Inzwischen sind wir fast alle V8-los, sozusagen. Auch wenn ich ständig jammere, aber meine Wunschkonfiguration (quasi von „damals“) in schwarz, Sportsitze, Bose und 4.2 auf BBS Felgen ist inzwischen recht teuer geworden 🙁
        Erzähl mal!
        Sandmann

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