Inne Pilze

Werden sie was finden?

Wir sind hier ja, also eigentlich, zum Fernsehen machen, die Adele, der Bernd und ich. Drei Ausländer mitten im Oberbayern, unser vierter Ausländer Diego lebt hier irgendwo und schläft behütet in seinem eigenen Bettchen. Wir nicht. Gestern Abend war’s spät, also fangen wir heute erst um 11:00 Uhr an. Frühstück im Hotel ist aber um 9:00 vorbei, also was machen wir in den offenen zwei Stunden? „Oah wir sind gestern doch durch diesen geilen Pilzwald gefahren!“ Adele hat einen Plan. „Wollen wir auf dem Weg zur Halle Pilze suchen gehen??“ Oh ja. Ich war nicht mehr in den Pilzen, seit ich ein kleines Kind war. Ja. JAAA! Diese Geschichte hat also nur ganz marginal was mit Autos zu tun. Sie beschreibt drei glückliche und ein bisschen verrückte Menschen, die durch einen Wald laufen. Na los 🙂

Ah. Doch ein Auto!

Ob wir den jemals wiederfinden?

Tschu tschu tschu die Eisenbahn. Wenn ich mit der Bahn in München ankomme (ich fahre echt gern ICE…), bekomme ich nach Ankunft einen der vielen schönen Volvos unserer Produktionsfirma und fahr dann damit raus in Richtung Haag in Oberbayern, wo wir neue Autos aus altem Material erschaffen. Unikate. Aber das ist eine andere Geschichte. Der 760 GLE begleitet mich die ganzen vier Tage, seine raue Zuverlässigkeit nach nur 450.000 sechszylindrigen Kilometern und sein blauer Plüsch runden die klotzige Kantigkeit dieses irgendwie massiven Schwedenpanzers angenehm ab. Wir nehmen einen beliebigen Waldweg, der befahrbar aussieht, ignorieren das runde Schild mit dem roten Rand und dringen tief ein in die Welt von Hänsel und Gretel und von Rotkäppchen und dem bösen Wolf.

WO sind Händel und Gretel?

Bernd ist mit seinen 2,04 Metern zu groß, um ein Hänsel zu sein. Der ist eher ein freundlicher Hulk mit einem Faible für Herrenwitze der 90er und einem latenten Grammatikproblem. Oder ein Wolf. Adeles Haare sind für eine Gretel zu blau, für Rotkäppchen auch, ihr Herz ist riesengroß und ihre Lunte ist ein bisschen zu kurz, um einen besonnen Plan zur Rettung des zum Abendessen auserkorenen Bruders neben dem Hexenhaus zu schmieden. Und Kieselsteine oder Brotkrumen werfen die beiden auch nicht auf den Waldboden, um den Weg zu markieren. Werden wir jemals zum Volvo zurückfinden? Mal schauen. Einen Korb mit Wein und Brot haben wir dabei, aber nicht für die Großmutter sondern… ach genug Märchen. Der Wald ist toll. Ich mag ja Wald mit und ohne Pilze, ich glaube ich bin in einem früheren Leben mal ein Waldbewohner gewesen. Vielleicht ein Eichhörnchen. Mir fallen die Steingräber bei Uelzen ein, oder meine wiederkehrenden Gedanken über das Versteckspielen an meinen Geburtstagen. Und dann war da noch dieser Käfer im Wald bei meinem Papa… aber ich schweife ab. Wald ist toll, und das hat viele Gründe.
Man ist normalerweise nicht in einem Wald, weil man muss. Sondern weil man will.

Na das sieht ja ergiebig aus!

Es riecht hier im Herbst wundervoll erdig, nach nassem Laub, Moos und… Pilzen! Ich kann sie riechen. Und hier unter den… äh… Kiefern? in dem grün bedeckten Boden stehen die kleinen Funghis so vielfältig, dass ich kaum einen Schritt machen kann, ohne welche platt zu treten. Herrlich.
Mein Papa ist ein absoluter Pilzkenner. Wir waren manchmal zusammen im Wald, die ganze Familie. Das war ein bisschen wie Ostereier suchen, und am Abend gab’s dann noch ein leckeres Essen mit vielen Zwiebeln! Im Bett später konnte ich immer super pupsen und fand das wahnsinnig witzig 😀 Hallimasch. Fette Henne. Pfifferlinge. Bei Pfifferlingen denke ich heute an explodierte Kernkraftwerke und verstrahlte Lebensmittel. Na toll. Ich selbst habe absolut keinen blassen Schimmer von Pilzen, was überleiten kann in einen Zustand zwischen Bauchschmerzen und Tod. Gut dass Gretel, also das Nicht-Rotkäppchen, also Adele, sich umfassend und wahrhaftig auskennt!

Mein erster Steinpilz!

Pilze bilden neben den Tieren und den Pflanzen das dritte große Reich eukaryotischer Lebewesen, sind wie die Pflanzen sesshaft aber können keine Photosynthese betreiben und müssen deshalb wie Tiere anderen Kram essen. Wem das zu theoretisch ist – Adele sagt wenn das Ding keine Lamellen sondern einen Schwamm unten drunter hat kann man es in die Pfanne hauen. So einfach ist das. Schwammerl. Einige verursachen Bauchschmerzen oder schmecken schlicht scheiße, und worauf wir deshalb heute Morgen definitiv abzielen sind: eindeutige Maronen und Steinpilze! Da der Boden grün bedeckt ist, fallen die braunen Köpfchen sofort auf. Alles ist hier voller Pilze! Wahnsinn. Aber die meisten haben Lamellen drunter, also lasse ich sie stehen. Da! Ein kleines, festes Braunköpfchen hat einen hellen Schwamm, und nach dem Abschneiden ist es irgendwie schwer. Meine Mentorin Adele erkennt eindeutig einen seltenen und sehr leckeren Steinpilz, lobt mich überschwänglich wie einen Hund, der Männchen gemacht hat und es geht weiter.

Überall. Sie sind überall!

Der Pappkarton aus dem Edeka Laden wird schnell schwerer. Nach kurzer Zeit entwickeln die Newbies Bernd und ich sowas wie einen „Pilzblick“. Könnt ihr euch vorstellen was das ist? Man geht suchend über den weichen, feuchten Boden und blendet alles aus, was nicht wie ein Pilz aussieht. So stiefelt man zwar an Fragmenten des Bernsteinzimmers, Quellen der ewigen Jugend und freigelegten Cold Case Leichenteilen vorbei, erkennt aber mit lernendem Blick sofort Marönchen und Steinpilze. Große Maronen, angefressene Maronen und immer wieder auch Rotfußröhrlinge, die zwar aussehen wie Maronen, aber einen roten Hals und einen roten Rand haben. Sozusagen pilzige Rotkäppchen. Mrs. Mushroom sagt, die schmecken scheiße und machen Bauchweh. Also weg damit.

Wir bringen die Funde zur Fachfrau

Maronen schneidet man ab, Steinpilze kann man auch aus dem Boden rausdrehen. Und die sind wirklich schwerer als die anderen, heißen die deshalb so? Wir schwärmen immer weiter aus, rufen, singen und lachen und orakeln dass ein gut gefundener Pilz sieben Minuten braucht 🙂 Wo steht das Auto? Egal. Wir haben noch Zeit. Bernd entdeckt seine neue Naturverbundenheit findet einen kleinen Teich und einen Bach, der von ihm wegfließt. Es ist wundervoll still, hier und da raschelt es und ein paar Vögel piepen hoch oben in den Nadel-Dings-Bäumen. Ich war in der Schule ein kompletter Bilologie Totalausfall. Ich habe wirklich und wahrhaftig absolut keine Ahnung von Flora und Fauna, mich interessierten immer eher die Physik und die enge, super sitzende Hose von Simone. Also bringe ich alle schleimigen Fundstücke unterwürfig wie Nuggets zu meiner blauhaarigen Freundin, die sie mit prüfendem Blick in den Karton oder in die Landschaft wirft. Die quietschigen „Alder Jensiiii BOAH GEIL du bist ja voll der Pilzsucher, ein echtes Trüffelschwein!!!“ werden weniger, wir gewöhnen uns langsam dran dass wir als Team anscheinend echt erfolgreich sind 😉

Kuck mal noch einer

Dieses kontemplative Umherlaufen, dieses charmante Wortgewitzel und die ganze feuchte, mulchige Atmosphäre in diesem Wald tun so gut. Gestern hat es bei den Dreharbeiten zwischen Flexstaub und und Kompressorgeballer ziemlich gescheppert, der Corona Lockdown, die allgemeine Lage der Welt und der ganzen Wahnsinnigen da draußen, die verschiedenen und manchmal kollidierenden persönlichen Nöte und Ängste und der allgemeine Zeitdruck bei der Produktion mussten sich irgendwann mal entladen. Also haben wir uns so lange angeschrien, bis der Tontechniker sich beschämt und mit rotem Kopf abwandte und der Kameramann spontan eine rauchen ging. Das war gestern. Heute ist Wald, Einigkeit, Gelassenheit und ne volle Pilzkiste. Wir haben uns lieb. Ich mag Wald. Aber das habe ich schon gesagt.

Irgendwo da war das Auto…

Immer so ein bisschen die Uhr im Auge driften wir drei so langsam wieder in die Richtung, von der wir glauben, dass wir da vor einer guten Stunde einen Volvo geparkt haben. Ab 11:00 Uhr geht die Arbeit weiter, vor uns liegt noch ein langer schöner Tag voller kamerafestgehaltener Autoschrauberei mit einem Produzenten, der fröhlich zum Mittagessen Fischstäbchen für alle brät und emotionale Eskalationen gern mit einem Strohrum schlichtet. Das wollen wir nicht verpassen 😉 Oh. Da stehen noch drei Steinpilze! Und da sind doch Maronen? Nein? Doch Rotfußröhrlinge. Schade. Mentorin Adele erklärt, dass sich das Geflecht der Pilze unter dem Boden überall ausbreitet und die Dinger, die rauskommen und die wir essen nur die Fruchtstempel sind. Ein unterirdisches Netzwerk, was eine Symbiose mit den anderen Pflanzen und den Bäumen eingeht. Ich gucke grad die dritte Staffel von Stranger Things und habe seltsame Bilder im Kopf.

Die… lieber nicht.

Ich könnte noch stundenlang durch diesen irgendwie besonderen Märchenwald stapfen, am liebsten Barfuß, der Boden fühlt sich so weich und flauschig an als wäre er der plüschigste Flokati, den Oberbayern grad anzubieten hat. Wir finden noch weitere attraktive und fotogene Protagonisten aus der Familie der Schwammerl, der Schwämmli, Schwamme oder Schwämmel 😀 Herrjeh diese Dialekte. Wenn man im Raum Hannover aufgewachsen ist, der nachweislich hochdeutschesten und dialektfreiesten Gegend des gesamten bekannten Universums, kommen einem diese vielen eher bemühten Begriffe, die nichts, aber auch gar nichts mit der Art und Weise wie man sich schriftlich ausdrückt, albern vor. Egal. Viele Fungis lassen wir stehen, einige sind sogar giftig (sagt Adele™ mit ernster Mine) und tatsächlich steht da hinten der Volvo!

Treasure

Na das kann sich doch sehen lassen. Die Früchte einer runden Stunde. Und es sind eben nicht nur Schwammerl. Es sind drei irgendwie extrem entspannte, glückliche Menschen mittleren Alters, die jetzt gelassen in den Tag gehen. Man sollte viel öfter Pilze suchen gehen. Oder einfach nur in den Wald. Wald tut so gut. Habe ich das schon erwähnt? Der Volvo springt an. Kein Killerszenario in Bayern. Diesmal nicht. Das Leben ist schön.

— Schnitt —

Ihr müsst jetzt ganz stark sein. Also noch stärker als eben, als ihr statt geilen Autos oder Schraubergeschichten Pilze suchen gegangen seid. Jetzt nehme ich euch mit in meine Küche und koche mit euch… eine Pilzpfanne 😉

Vom Schrauber zum Gourmet

Hier riecht es ein bisschen wie früher, als Papa die Pilzpfanne angesetzt hat und ich in der Nacht danach giggelnd meine Bettdecke habe fliegen lassen. Bernd und Adele waren so lieb, mir unsere Beute in einer luftigen Papiertüte zu überlassen. Ich hatte ein bisschen unterschätzt, wie viele Pilze das doch sind und die kaum in meinen Koffer bekommen! Einen Teil habe ich geputzt und eingefroren, den anderen klein geschnibbelt und in die Pfanne gehauen. Vorher habe ich schon eine halbe Zwiebel zusammen mit ein paar gekochten Esskastanien (die lustigerweise ja auch Maronen heißen) angebraten und beiseite gestellt. Wenn die Pilze ihr Wasser verloren haben kommen drei klein gehackte Knoblauchzehen sowie die Zwiebeln und Maronen dazu, alles wird heiß angebraten und mit einer guten Portion Weißwein abgelöscht. Die dann verdampft, aber der Geschmack bleibt ja drin. Und ein bisschen was kann man ja beim Kochen parallel auch davon aus der Flasche trinken, es ist nur Müller-Thurgau aber wtf – den Wein nur zum Kochen zu verwenden wäre ja Verschwendung 🙂 Hicks.

Frische Blattpetersilie reinzupfen, noch zwei, drei Stückchen gute Butter reinschmelzen und parallel gucken, ob das frisch gebackene Olivenbrot im Backofen schon fertig ist. Ist es. Leute. Ernsthaft. Das ist eines der leckersten Pilzgerichte, die ich in den vergangenen 49 Jahren gegessen habe. Tut mir leid Papa. Aber das ist einfach episch gut!

Guckt euch das an! Lecker??

Was war das jetzt??
Das war ein Stück Leben – und der ganze Rest 🙂 Keine versteckten Links auf irgendwelche Lebensmittelseiten, kein Influencergehabe mit Kijimea-Reizdarm-Produktplatzierungen sondern einfach nur drei Freunde, die durch den Wald schlurfen und Pilze suchen. Und einer von denen, der dann zu Hause diese Pilze lecker brät und euch ein Rezept unterbuttert. Sandmanns Pilzpfanne mit Zwiebeln, Maronen und Petersilie in Butter und Weißwein. Oder so. Geht mal in die Pilze. Die Schwammerl. Und wenn das nicht mehr die Zeit dafür ist – geht in den Wald. Mal einfach so, ohne Ziel, ohne Plan. Man kann im Wald so wundervoll einfach nur da sein. Den Kopf freibekommen. Glaubt mir, ich war mal ein Eichhörnchen! Und jetzt gebe ich zurück in die Sendezentrale. Nächstes Mal wieder Autos 😀

Sandmann

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Über Sandmann

Die Zeit ist zu knapp für langweilige Autos, Abende vor dem Fernseher oder schlechten Wein. Ich pendel zwischen Liebe, Leben und Autos und komme nicht zur Ruhe. Aber ich arbeite daran.

12 Antworten zu Inne Pilze

  1. Thomas sagt:

    Wahnsinn! Ich hätte schon angenommen, dass ich der einzige bin der alte Autos und! Pilze sammeln toll findet. Sammelst du zufällig auch Fahrräder?
    Mr. Sandman jetzt lese ich deinen Blog schon sooo lange und es hat diesen Beitrag gebraucht, damit ich mal was poste. Vielen Dank für deinen Blog, deine Offenheit und Selbstironie. Grüße aus Münster und falls du mal ein echt bescheuertes, unterschätztes und überbewertetes Auto fahren willst, komm vorbei and try Reliant Scimitar.

    • Sandmann sagt:

      Ay Thomas,
      na da bin ich doch froh dass ich endlich mal wieder einen stillen Mitleser aus dem Tiefschlaf erweckt und zu einem Kommentar hinreißen konnte 🙂 Sehr gut. Kommentare sind das Salz im Blog, viele snacken und und schlafen sich ansonsten aus…

      So richtig sammeln tu ich eigentlich gar nichts. Ich finde immer, dass Sammelei schnell an Manie grenzt. Also bei Pilzen natürlich nicht, die esse ich ja auf, aber Leute die in irgend einer Halle nicht zwei, sondern 30 Autos haben (WARUM???) oder in ihren Vitrinen im Wohnzimmer keine fünf, sondern 60 Modellautos horten (WOZU???) und eben alles, was ausufert… sind mir prinzipiell suspekt. Ich verstehe gut, dass sich jemand für etwas begeistert und zum Beispiel mehrere Autos hat. Oder mehrere Modellautos, alte HiFi Anlagen, Gamebays und was man so alles hortet. Aber wenn es manisch wird, bin ich raus, also fang ich lieber gar nicht erst an zu sammeln 🙂 Außer Pilze.

      Trotzdem mag ich Fahrräder. Ich habe noch mein erstes Mountainbike von 1991, ein Diamond Back, im täglichen Einsatz in Kiel. In Hamburg steht ein Brennabor Tourenrad mit Sachs Torpedo Dreigangschaltung, so eins wie ich mir nach meiner Konfirmation kaufte, mit VDO Tacho für 20€ vom Flohmarkt. Tag und Nacht draußen, fährt gut, nur die Nirosta-Speichen brechen hier und da mal. Wie bei meinem Rad zur Konfirmation 😉

      Seit zwei Jahren habe ich noch ein BMX-Rad, aber das nur, weil ich als Kind keins haben durfte und das jetzt meine persönliche Protestnote ist. Seht ihr! Nun aber doch!! Ha, nehmt das! 😀 Vielleicht bin ich da ein bisschen zu groß zu, aber nach Dänemark hat das gute Dienste getan, schau hier: https://www.sandmanns-welt.de/til-stranden/

      Uuuuuund im Keller steht noch ein Peugeot Rennrad aus den 70ern (glaube ich), was ich wieder aufbauen lassen möchte. Das ist mein Kandidat für einen chinesischen Verbrennungsmotor, den ich da kriminellerweise einbauen und mit dem ich dann ne illegale Tour in meine Heimatstadt machen will. Geil.

      Also du siehst – ich bin dem Fahrrad zumindest zugetan. ALte Mopeds mag ich auch, aber da wird es nur wieder mal eine einzige geben. Irgendwann. Keine Zeit grad.
      Jetzt erklär du mir mal bitte, warum man sich in diesem Leben einen Scimitar kauft 😀 Ich denke bei dem Ding immer an den Nasenbär VW 411, und ich glaube dass Reliant auch nicht zu den zuverlässigen Wunderwaffen der Insel zählt, oder? Erzähl mal bitte. In mir reift eine gewisse Neugier, ich bin ja durchaus ein Freund des Hässlichen und Seltenen (K70, Scorpio II, Mazda 121…).
      Sandmann

      • Thomas sagt:

        Oh! Eine sehr lange Antwort, fühle mich gefordert.
        Also mit der Sammelleidenschaft gebe ich dir absolut Recht. Die vielen Räder waren gar nicht geplant, sie haben einfach zu mir gefunden. Du kennst ja bestimmt die Formel, mit der man die Menge Räder bestimmt, die ein Mensch braucht.
        Sie lautet (n)+1, wobei n für die Anzahl der Räder steht, die man bereits besitzt.
        Also ich brauche ein normales schnelles Stadtrad, ein edles Rennrad, ein Winter-Rennrad, ein Mountainbike, ein Gravelbike, ein Singlespeed, ein Poser-Rad, 2-3 Oldtimer, ein Klapprad und, und, und. Halt für jeden Zweck, das richtige Rad. Und dann kommen noch die von meiner Familie dazu … Aber die Sammlung wird gerade verkleinert, weil wir umziehen und in der Garage zum ersten Mal! ein Auto stehen soll (der Scimitar).
        Der Scimitar … war so ne Schnapsidee … (habe daraus gelernt, dass man nicht jede Schnapsidee umsetzen muß).
        Also es ist GTE 6a, der sieht nicht wie ein VW-Nasenbär aus, eher wie eine Mischung aus Ford Capri (V6 Essex Motor!) und Volvo P1800 (Shooting Brake!). https://www.flickriver.com/photos/sandertoonen/34674724271/
        Irgendwie dachte ich immer, dass das der ideale Daily Driver ist. Kunststoffkarosserie, rostet nicht; Ford-V6-Motor millionenfach gebaut, kann jeder reparieren; Ersatzteile, alles mögliche von Britisch Leyland, kriegst du in England nachgeworfen. Und dann auch noch ein Kombi! (ich weiß, braucht man nicht), voll alltagstauglich. Und diese coole 70er Jahre Karosserie!
        War aber immer nur so eine Überlegung … und dann hab ich ein bißchen Geld geerbt, war über 50 und dachte: Soll ich das jetzt wieder für die Altersvorsorge anlegen? Wie langweilig! Nee, ich nehm mir jetzt meine Midlife-Crisis und guck mal was so auf dem Markt ist.
        Und da war dann ein 6a der perfekt aussah, war teuer für diese Art Auto, der Verkäufer war wohlhabend, superkorrekt und machte einen absolut seriösen Eindruck. Er fuhr Rennen in historischen Autos, die ein sehrvielmehrfaches von dem Scimitar wert waren.
        Und dann entwickelte ich meinen Plan: ein cooles verlängertes Wochenende mit meiner Frau in London, schick Essen gehen, Eisenbahn nach Salisbury, Autokauf in Südengland, Überfahrt durch den Ärmelkanal, Rückfahrt auf eigener Achse durch die Normandie, Übernachtung in einem schönen Hotel in Amiens etc. War sehr kompliziert eine Versicherung für das ungekaufte Auto zu bekommen, aber ich hab es geschafft. Hab das Auto angezahlt, hab Tickets für Flug, Bus, Hotels, Fähre, Eisenbahn gebucht und unsere Tochter für das Wochenende wegorganisiert.
        Es klappte auch alles hervorragend, war schön, hat Spaß gemacht, war ein Abenteuer … nur das Auto … war … nicht so toll wie ich dachte …
        Ein Oldtimer, von einem Engländer als Zustand 1 beschrieben, ist halt in Deutschland maximal ne schlappe 3.
        Der Wagen hatte Probleme mit der Elektrik, doch etwas stärkere Gebrauchsspuren, lag sehr hart auf der Straße, verlor (wenig) Öl. Das waren nur die Dinge die mir (ich bin mittelalt und naiv) auffielen. Aber ich wollte mir meinen Traum nicht verderben. Hab das Auto gekauft.
        Als wir tatsächlich 2 Tage später in Münster waren, hatten wir beide keine Bandscheiben mehr.
        Das Fahrwerk war völlig auf, neue Stoßdämpfer, Stabis und Buchsen waren fällig. Die Lüftung und die Elektrik waren völlig verbastelt. Die Felgen passten nicht zum Fahrwerk, mußten neue, schicke Wolfrace her + Reifen. Hinterachse schweißen lassen. Ölaustritte an allen möglichen Stellen. Neue Wasserpumpe, neue Benzinpumpe, neue Zündspule, neuer Luftfilter, neue Zündkabel und Kerzen, neue Batterie, neuer Anlasser, neue Dichtung Heckklappe + Einbau (450 EURO!), neue Antenne, neues Radio, neue Gurte und ganz viele Dinge, die ich vergessen habe.
        Schon 1 Jahr später hatte ich dann meine TÜV-Vollabnahme und gültige Papiere. Und ich hatte mehr Geld reingesteckt, als er jemals wert sein wird.
        Jetzt steht er da, die Türen hängen ein wenig (muß ich noch bei), sieht ganz gut aus, wird aber fast nie gefahren.
        Schließlich fahren wir hier in Münster überwiegend Fahrrad!
        Aber wenn ich mal cruise, erregt die Kiste mehr Aufsehen als jede Pagode, jeder Porsche 356 oder jeder Jaguar.
        Da kommen dann die Mittfünfziger an. „Watt is datt denn?“ „Schneewittchensarg?“ „Reliant!!! Kenn ich nicht!“
        Naja, ich habs wohl so gewollt.

        • Sandmann sagt:

          Ay Thomas,

          okay, die Geschichte, die als Trip zum Auto holen auf der Insel anfing, endet dann doch ein wenig haarsträubend 😀 Ich dachte immer, dass nur die Amis so eine etwas breit gefächerte Ansicht von „runs good“ haben. Die Briten anscheinend auch…
          Da ich mich nie mit Importen auseinandergesetzt habe (und das auch nie tun werde, mein einziger „Import“ war ein Audi A8 aus der Schweiz, und das war schon schwierig genug. Gleichwohl der Wagen von einem Freund kam und völlig okay war, aber die Formalien an der Grenze….. nee nee…. Guckst du hier: https://www.sandmanns-welt.de/grenzgange-mit-8-zylindern/
          Ob ein Auto so viel wert ist wie man reingesteckt hat ist mir persönlich egal. Der eigene Nutzwert muss stimmen, dann kann man da auch viel Geld rein versenken. Solange man selbst damit glücklich ist 🙂 Ich habe bei der Reparatur meiner Autos nie auf Geld und Wert geachtet, aber ich bin auch kein Perfektionist und mache nur das, was technisch nötig ist. Dann aber auch ohne Kompromisse. Und wenn mir ein Auto auf den Sack geht, kommt es in andere Hände. Das wird immer so bleiben. „Den fahre ich bis an mein Lebensende“ gibt es bei mir nicht…

          Dann hau mal ein paar Räder weg und fahr mal den Scimitar ein bisschen öfter. Vielleicht sieht man sich ja mal?
          Schönes Wochenende
          Sandmann

  2. Thomas sagt:

    Btw, die hübschen weißen Pilze sind Schopftintlinge. Sehr gute Speisepilze, leider nicht mit Alkohol genießbar (sogar wenn man ihn vorher! getrunken hat) lasse sie deshalb immer stehen …

  3. Bernd Schwuchow sagt:

    ? ? ??Tolle Story????

    Meine Omma kam aus Ostpreußen war mit mir immer in den 70ern Pilze suchen, Pfifferlinge und Champions, ein unvergessliches Erlebnis, vor allem der Geruch und Geschmack wenn die Pilze im Öl und mit Zwiebeln gebraten waren ??.
    Seitdem habe ich keine Traute mehr gehabt allein zu sammeln ??, du weißt schon, auch wenn es Pilz Sammelstellen gibt. Die Angst wegen Vergiftung und Tschernobyl waren dann doch zu groß ?.

    • Sandmann sagt:

      Ay Bernd,
      ich hab dir schon bei Facebook geantwortet, aber hier kann ich immer ein bisschen ausführlicher werden 🙂 Meine Oma kam aus Schlesien, die war aber immer mehr inne Beeren als inne Pilze 😉 Der Pilzmann war mein Papa, und ja, auch ich liebte den Duft der gebratenen Schwammerln und der Zwiebeln. Auch wenn ich die als Kind immer rausgepult hatte, den Geruch mochte ich sehr gern.
      Heute koche ich sehr gern, auch manchmal durchaus raffiniert und fast immer lecker duftend. Ab und an, wenn ich mal einen Abend alleine in Kiel bin oder meine Dänemark Auszeiten habe (seit fast zwei Jahren nicht mehr…), dann ernähre ich mich auch durchaus von Tiefkühlpizza oder Iglo Bordelaise, einfach weil ich den Dreck echt gern mag 🙂 Aber so eine Pilzpfanne… herrlich.
      Morgen Abend kommt die nächste. Ich hab ja was eingefroren. Hach…

      Sandmann

  4. Micha sagt:

    Ja, das sind Schopftintlinge, die kenne ich. Irgendwann öffnen sich die „Schirme“ und es läuft blaue Soße („Tinte“) heraus. Ab dann sind sie wohl nicht mehr genießbar.

    • Sandmann sagt:

      Ih bäh. Schmecken die denn wenigstens „vorher“ so dramatisch gut, dass sich da die Überwindung lohnt…?
      Also ich glaube ich bleibe lieber bei Maronen und Steinpilzen 😀
      Sandmann

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