Mais Mais Baby

Jake und Elwood bringen die Band wieder zusammen

Gedanken über ein einfaches Leben. Teil 1
Der Feldweg, die Felder am Feldweg, mein Elternhaus am Rand des Feldwegs hinter den Feldern, im Vordergrund ein wechselndes altes Auto – und mehr oder weniger ich mit jährlich wechselnden Menschen. Noch nie sah dieses Motiv so bekloppt aus wie heute. Mein Elternhaus ist hinter dem alten grünen Auto versteckt und das viertelfinnische Sandmädchen, die Hauptakteurin der kommenden Stunden, nur angeschnitten. Sehen wir das einfach als eine kleine Hommage an den Wunsch der Unversehrtheit meiner eigenen Kinder im Netz. Also, dass sie angeschnitten ist. Dass man das Haus nicht sieht ist einfach nur dämlich. Außer optisch schlecht geschnittenen Fotos haben wir heute nur eine einzige Sache vor: gemeinsam durch ein Maisfeld rennen. Papa und Tochter. Banal? Ja klar. Man kann in diesen verrückten Zeiten gar nicht genug banalen Quatsch machen, also was ist, seid ihr dabei?

Ein guter Maistag beginnt am Steuer eines alten, grünen Autos.

Was wäre ein Roadtrip ohne Tapir?

Einfach mehr Tapir!

Prioritäten setzen. Papi legt Wert darauf, dass der Tank des 1971er Knudsen Coupés voll ist und genug Öl und Wasser den 50jährigen, etwas waidwunden Köln-V6 umspülen. Das alte Eisenschwein braucht Zuneigung, aber wer braucht die nicht? Meinem kleinen, mitreisenden Sandmädchen wiederum ist es vor allem wichtig, dass ihr Tapir dabei ist. Undenkbar, ohne den Tapir aus dem Haus zu gehen. Während andere Kinder süße Flauschi-Kätzchen und stumpf grinsende rosa Merchandising-Bärchis aus blödmachenden KiKa Actionserien liebkosen, mag mein geliebter familiärer Neuanfangs-Erstling Tapire. Tapire sind eine merkwürdige Schöpfung, die ein bisschen so aussieht wie die Symbiose aus Rainer Calmund und einem Ameisenbären nach einer Frontalkollision. Das bringt mich immer zum Lachen, und ich versprach meiner Tochter, ihr kommentarlos und ohne Rücksicht auf die Kosten so ein Naturwunder zu kaufen, wenn es denn eines im Zooshop von Lagos, Portugal gebe. Ich ging blauäugig davon aus, dass niemand auf diesem Planeten ein Tapir-Plüschtier knuddeln will und daher diese auch in keinem Land auf diesem Planeten produziert würden. Auch ein Vater mit Staatsexamen irrt manchmal, und seit dem weicht dieser kleine Pelzfreak nicht mehr von ihrer Seite und bekommt ebenfalls Zuneigung. Und er kommentiert heute fröhlich grunzend den langweiligen Autobahnabschnitt zwischen Hamburg und Lüneburg. *GNÖÖÖÖRRKH*

Gute Zeiten in alten Autos.

Manchmal, wenn ich die 42 Lachfalten rund um meine Augen im Schminkspiegel zähle, denke ich über Zahlen nach. Sieben. Mein großes kleines Sandmädchen ist schon SIEBEN Jahre alt :-O Wurde sie nicht gerade erst geboren? Und jetzt? Und nun?

Einfach mal losfahren!

Okay, während ich mit kassenärztlich versichertem Retro-Gemüt noch mental ihre Windeln wechsel hat sie heimlich, still und leise schon ihre eigene coole Sonnenbrille auf die Nase geschoben und sitzt neugierig auf dem Vordersitz neben mir wie Jake neben Elwood im Bluesmobil. Sie lacht und klatscht in die Hände, und das hat heute viele Gründe.

  • Sie darf vorne sitzen weil hinten keine Gurte sind
  • Papa hat Zeit, nur für sie ganz allein
  • Wir haben Unmengen von Naschis an Bord
  • Heute übernachten wir (boah!) in einem Hotel
  • es rufen Badewanne und Spielfilm

Das sind alles nur Kleinigkeiten, aber wichtige Punkte für gute Laune. Ich selbst hab mich schon immer an den kleinen Dingen im Leben erfreuen können, und da die Welt momentan in einer Wolke aus Angst, Wahnsinn, Verschwörungstheorie, Aggression und Nazischeiße nur schlecht Luft bekommt umgeben wir uns mal wieder für einen Tag und eine Nacht mit la vida loca, machen schöne einfache Sachen und treffen uns mit lieben, aber völlig unprominenten Menschen in einem mehr als banalen Umfeld: Meiner Heimatstadt Uelzen. Eine Kleinstadt im Norden von Niedersachsen, wo der ICE hält und eine Zuckerfabrik steht. Mama ist heute nicht dabei, also können wir unkommentiert (weil unbeobachtet) mehr Süßigkeiten essen, als allgemein für gesund befunden wird.

Joghurt Gums und Fruchtgummi

Jetzt erstmal lieber Joghurt Gums? Oder lieber Tropische Früchte? Hm. Immerhin sind wir etwas länger als eine Stunde unterwegs, ich bin mir sicher wir schaffen es, beide Tüten dem Erdboden gleich zu machen. Der Tag ist noch jung, und Müsli mit Vollkornanteilen und finnischem Beerengefrücht kann gern ab morgen Abend wieder auf ihren Speiseplan wandern 🙂 *burps*

Einfach so wie damals™

Ich habe meinem fragenden Kind erzählt, dass ich auf jenen Feldern neben jenem Feldweg oft durch den hohen Mais gelaufen bin. Damals™ stand mitten auf dem Acker noch ein Strommast, der war immer das erklärte Ziel von uns forschenden Kindern. Auf seinem steinernen Sockel lagen meistens skelettierte Vögel, die den Kontakt mit irgendwelchen stromführenden Dingen weiter oben bei den Drähten nicht überlebt hatten und hochinteressante, anatomische Einblicke in ihre hart gegrillten Körper gaben. Spannend. Ich fand das Stromern durch den Mais als Kind irgendwie… gut. Das Maisfeld neben dem Feldweg neben unserem Haus war für mich ein großes, grünes Labyrinth, aber mit vielen möglichen Ausgängen. Und jetzt will sie das natürlich auch machen. Wo ist denn hier mal Mais?

Sie dürfen hier nicht parken.

Tatsächlich ist die Hansestadt Uelzen primär von platten, dunkelgrünen Zuckerrübenfeldern umgeben, damit die alles überragenden Kessel und der riesige Schornstein im Herbst auch genug zu fressen bekommen. Ah. Zucker. Das soll ja auch in Fruchtgummis drin sein. Mir ist ein kleines bisschen schlecht. Aber wo ist denn hier mal Mais?? Mit nennenswert überzuckerten Blutbahnen fahren wir also wieder aus der Stadt raus, am kleinen Wäldchen bei Ripdorf vorbei („… hier habe ich mal die Namen aller Mädchen in einen Baum geritzt, in die ich verliebt war“), und irgendwo viel weiter bei Riestedt finden wir endlich ein Maisfeld! Riestedt. Hier hat eine Mitschülerin von mir gewohnt, Steffi Schöning. Was mag aus ihr geworden sein? Ihre Geburtstage auf dem Bauernhof waren immer großartig, danach hat mein Magen regelmäßig so ähnliche Steilkurven gedreht wie jetzt nach den beiden geleerten Naschitüten. Ich finde nicht mal diesen Bauernhof wieder. Aber wir suchen ja auch was anderes.

Einfach rein da.

Ich lasse den Taunus grummelnd und etwas bläuend rückwärts auf einen angrenzenden Stoppelacker holpern, und ein kleines aufgeregtes Mädchen schnallt sich ab und hoppst voller Energie aus dem alten Auto. Ihr erstes Maisfeld. Eigentlich darf man da ja nicht einfach so rein, aber wir nehmen uns vor, ganz vorsichtig zu sein und nichts abzuknicken. Na dann mal los!

Das macht immer noch Spaß

Habt ihr sowas mal gemacht? Eine der ersten Erkenntnisse eines erwachsenen Menschen in einem Maisfeld: Alles sieht gleich aus, Maispflanzen sind sehr uniform. Wenn man nicht gerade einen Strommasten mit Kleintierkadavern vor Augen hat oder hofft, auf einen geheimen Voodoo-Kult mit Altar und Opferstein zu treffen (ich habe als Teenager sehr viel Stephen King gelesen…), besteht ein Maisfeld vor allem aus geraden Reihen von harten Pflanzen auf sandigem, grauem Boden. Man läuft und läuft, bahnt sich hier mal einen Weg und schlüpft da mal durch und es ändert sich nicht wirklich viel 😀 Das stört mein viertelfinnisches Sandmädchen nicht. Sie ist ja auch nicht erwachsen. Sie tanzt und singt und zieht mich immer tiefer ins grüne Labyrinth. Sie macht das, weil es für sie keinen triftigen Grund gibt, es nicht zu tun. Sie und ich und der Mais, ein langer Tag ohne irgendwelche Termine und zwei Tüten Fruchtgummi im Bauch. Das einfache Leben kann so schön sein. Und hey – das ist es heute tatsächlich!

Uff. Wieder draußen.

Irgendwann (aber sehr viel später) findet auch ein Kind, dass man jetzt mal wieder den Ausgang suchen könnte. Sie bekommt langsam Hunger.

Einfach mal zufrieden sein

Entschuldigt, dass ich mein Streben nach Übersicht und Einfachheit hier so oft betone. Aber gerade wenn sich so viele mit Aluhüten und den bösen Machenschaften der BR-Deutschland-GmbH („die da oben“) befassen, wenn gerade die, denen es eigentlich in diesem Land wirklich gut geht immer lauter ihren persönlichen Frust und ihre eigene Unsicherheit an irgendwas festmachen, was sie benennen und greifen können (und was früher®, als alle reich und sexy waren noch nicht da war) und wenn niemand der Jammernden irgendwelche Probleme mal bei sich selbst und seinem eigenen Umfeld sucht und was tut, um sie zu ändern statt propagandistischen Plakaten nachzuplappern… dann, ja dann zeige ich meinen Kindern umso lieber, wie wundervoll dieser Planet da draußen ist, wie viel Spaß einfache Sachen machen und wie man mit wenig Aufwand einen schönen Tag haben kann.

Das Rezept heißt Aufmerksamkeit und Zeit. Einfach miteinander Zeit verbringen. Tatsächliche Zeit, nicht virtuelle. Und ich versuche meinen Kindern zu vermitteln, wie wenige Gründe es genaugenommen gibt, alles, aber auch wirklich alles pauschal scheiße zu finden, zu missgönnen und zu hassen. Denn es ist wahrhaftig nicht alles scheiße. In diesem Moment taucht kurz vor dem Wiedereintritt in Uelzens Umlaufbahn ein Sonnenblumenfeld am Straßenrand auf. Los, noch ein angeschnittenes Foto!

Sonnenschein

Genug Statements zur Lage der Nation. Natürlich lassen sich nicht alle Labyrinthe so einfach verlassen wie ein Maisfeld. Ich will euch nicht episch mit meinen Ansichten oder meiner Einstellung zutexten, hier geht’s ja primär um alte Autos und die Geschichten drumrum. Da sind mir natürlich alle willkommen, die da Lust zu haben und die sich gern in die Erzählungen reinträumen möchten, weil sie dann ein bisschen dabei waren. Und weil sie ein bisschen den eigenen Alltag vergessen. Aber vielleicht ist es manchmal für euch auch salbend, wenn ihr wisst wie ich ticke, was mich ankotzt und warum ich eine ganze lange Geschichte über einen Tag voller Kleinigkeiten schreibe. Weil solche Tage mich wieder erden. Mich runterbringen und meinen Fokus auf mein Umfeld neu schärfen. Manchmal ist das für mich in den Social Media Blasen, in denen wir uns heute bewegen, ganz hilfreich.

Einfach alles noch da.

Und deshalb stehen wir nun auch wieder einmal auf dem holperig asphaltierten Feldweg meiner Kindheit, zwischen den beiden Feldern wo einst Mais angebaut wurde. Oder Zuckerrüben. Heute wächst hier… äh… Schulkind mit Sachkundeunterricht, hilf mir mal. Ist das Weizen? Gerste? Wir pflücken eine Ähre zur späteren Bestimmung. Während sie darüber schwadroniert, wie Mehl gemahlen und Brot gebacken wird und das alles gern mal selbst mit Mühlsteinen und ihren eigenen Händen und einem grooooßen Ofen machen möchte (…„aber Schrumsi, wir haben doch einen Brotbackautomaten“…) atme ich die frische, spätsommerliche Luft tief ein und schließe die Augen.

Und nochmal das Feld…

Ich kenne diesen Geruch noch gut. Der Schornstein am Horizont schweigt, die Rübenkampagne hat noch nicht begonnen und überlagert noch nicht alles mit einem malzigen, süßlichen Schleier. Der Boden riecht trocken und grasig. Von dem nahen Flüsschen Wipperau und der dahinter liegenden Stadt wehen verschiedene Nuancen rüber. Ich kenne auch alle Geräusche hier, die nur noch ergänzt werden von dem Gebrumme einiger Autos, die über die Umgehungsstraße brettern, die es noch nicht gab als ich ein Grundschüler war. Das Klicken und rauschen der Wasserkanonen, die surrenden Pumpen, die über dicke Schläuche das trübe Wasser aus dem Elbe-Seitenkanal saugen. Irgendwo fährt ein Traktor, und von weitem tuckert ein Schiffsdiesel. Kühe muuuhen, Ketten klackern.

Hier hat sich in den letzten 50 Jahren nicht viel verändert. Das beruhigt mich, das ist für mich eine kleiner Anker in einer sich immer schneller drehenden Welt und vermittelt mir einen Hauch von Unsterblichkeit. Was ja auch so verkehrt nicht ist 😉 Alle werden älter, nur ich selbst natürlich nicht. Das habe ich damals nicht unterschrieben. Ist das nicht toll?

Hier geht es nicht weiter.

Ja ja ich weiß. Zu viele Metaphern. Labyrinthe, Vanitas-Gedanken beim Schnuppern an Gräsern und jetzt auch noch eine Schranke! Natürlich geht es hier nicht weiter. Das war mir aber schon in älteren Geschichten klar, und vielleicht beruhigt es einige von euch, dass ich nicht immer nur zurück blicke, sondern gerade heute mal mit meinem Töchterchen in der Gegenwart bleibe. Dass ich in ihre und meine Zukunft blicke, denn die kommt auf jeden Fall, ob wir das wollen oder nicht. Diese Stadt ist für mich ein Platz ohne Hetze und ohne schlechte Gedanken. „Quality Time“, wie man so schön sagt. Einfach mal nur Quatsch machen, ohne Effizienz, ohne Telefonkonferenzen und ohne eine lange To-Do Liste, die abgearbeitet werden muss.
Wir haben noch den Abend, gute Freunde und eine Badewanne vor uns, aber das ist eine andere Geschichte. Die schreibe ich euch morgen. Jetzt genießt mein viertelfinnisches Sandmädchen einen Moment ohne das ewige „… warte, nicht jetzt, ich komm gleich zu dir!“. Und ich genieße es nicht weniger. Ich BIN da, voll und ganz. Ich bin bei meiner kleinen Tochter, einem lustigen, neugierigen und so wertvollen Menschen. Das spürt sie und quittiert es damit, dass sie meine Hand nimmt und mich mit diesem so bedingungslos vertrauensvollen, liebevollen Blick anguckt, den nur die Papas kennen, die sich Zeit nehmen.

Sandmann

-> Fortsetzung folgt

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Über Sandmann

Die Zeit ist zu knapp für langweilige Autos, Abende vor dem Fernseher oder schlechten Wein. Ich pendel zwischen Liebe, Leben und Autos und komme nicht zur Ruhe. Aber ich arbeite daran.

8 Antworten zu Mais Mais Baby

  1. MainzMichel sagt:

    Zu Deinem letzten Satz ist mir direkt eines meiner Lieblingsbilder eingefallen:
    https://www.dropbox.com/s/hgbtflnbe68ggg7/Nach%20Playmobil.JPG?dl=0
    Das war 2012 nach einem Besuch im Playmobilland.

    Adios
    Michael

    • Sandmann sagt:

      Oooooohhhhh da ist aber jemand sehr müde 😉

      Ich hab grad nach deinem Moped im Keller gesehen. Es geht ihm gut! Ich glaube ich bring dir das bald mal und wir trinken viel Alkohol.

      Sandmann

  2. MainzMichel sagt:

    Ja, wirklich sehr müde. Aber für mich auch das Bild für das völlige Vertrauen.
    Das (oder die ? ) Mofa hat keine Eile. Wenn‘s passt, dann passt‘s.

    Audios
    Michael

    • Sandmann sagt:

      Ay Michael,
      ich glaube es heißt korrekt DAS Mofa (wegen Motor Fahrrad), klingt aber für mich schrecklich. Und wenn was schrecklich klingt, will ich es so nicht schreiben, egal ob es richtig ist oder nicht. Pöh. DIE Mofa und gut 🙂
      Sandmann

  3. minasgerais sagt:

    Dieser Taunus MKI ist mir auch noch wohlbekannt.

    1973 bekam meine Mutter einen, auch als GLX ((?) Nannte der sich so – ihn zeichnete das zeitgenössisch chice, jedoch völlig unnütze Venyldach, sog.“bucket seats“ noch ohne Kopfstützen und eine sportlich angehauchte Batterie an „Sportinstrumenten“ aus).

    Es handelte sich aber um eine gewöhnliche Limousine,.

    Es war die Antwort meines Vaters auf einen vorausgegangenen Unfall auf winterlich vereister Strasse meiner zu dieser Zeit mit meiner jüngeren Schwester hochschwangeren Mutter in einem betagten DKW F 93, bei dem die abschüssige Fahrt jenseits des befestigten Pave in einem Gartenzaunpfeiler endete.

    Glücklicherweise hielt der Schutzengel seine Hand dazwischen und die ganze Sache verlief -trotz alters- und konstruktionsbedingt Totalabsenz jedweder Sicherheitsfeatures- glimpflich.

    Auch für meinen Bruder und mich im Wagenfond.

    Nach dem havarierten DKW sollte es dann für meine Mutter ein „modernes, sicheres Auto mit großer Knautschzone“ sein.

    Nun ja – so ändern sich im Laufe der Jahrzehnten die Betrachtungsweisen.

    • Sandmann sagt:

      Ay minasgerais,
      tatsächlich kann man davon ausgehen, dass im Taunus TC die Sicherheit zumindest um ein Vielfaches größer als im DKW war. Aus heutiger Sicht ist so ein Auto ohne Kopfstützen, ABS und Airbags natürlich ein gewisses Lebensrisiko, und die klassischen Sprüche „In den 70ern haben wir auch ohne Gurte überlebt“ oder „in den 70ern brauchten wir auch keine Kopfstützen und leben noch“ kommen grundsätzlich nicht von denen, die mit so einem Auto einen schweren Unfall hatten und entweder durch die Scheibe geflogen sind oder sich das Genick gebrochen haben.
      Ich fahr meinen Taunus (GXL übrigens, nicht GLX) fast täglich, aber umsichtig, vorausschauend und selten schneller als 120 km/h. Das beschützt mich zwar nicht vor anderen Wahnsinnigen in ihren Wanderdünen-SUV, aber irgendwo ist ja immer ein Risiko. Zigarillos und Rotwein bringen einen auch um.
      Sandmann

      • minasgerais sagt:

        „Zigarillos und Rotwein bringen einen auch um.
        Sandmann-“
        ———————————–
        Aber eben nur schleichend – wobei ein kleineres Quantum Rotwein jeden Tag m.A.n. der Gesundheit eher zuträglich ist.

        Und stimmt – GXL nannte sich dieses Taunus-Modell.

        Als Coupe schon ewig nicht mehr gesehen – in den 70ern war auch das Coupe als sportlich angehauchte Familienkutsche und Alternative zum Capri zu einem leistbaren Preis gar nicht selten im bundesdeutschen Strassenbild.

        Aber Rostschutz und Verarbeitung standen auf keinem hohen Niveau.

        Dafür gab es zu einem verhältnismäßig günstigen Preis ein großes und repräsentatives Automobil (beides ist ja heute auch noch vorrangiges Kauf-Motiv – wie sonst wäre die Inflation der technisch alles andere als innovativen SUVs erklärlich).

        Die Form des Knudsen-Taunus überzeugt auch nach 50 Jahren noch – der direkt aus Detroit transplantierte Hüftschwung und Blechschwulst v.a. am Coupe haben zeitlosen Appeal.

        Wird ein Westentaschenstraßenkreuzer daraus.

        Leider hat Ford das mit dem MkII und dessen Schuhkarton-Design nicht fortgesetzt – technisch i.w. gleich, war der Neuaufguss des Taunus sonst ein echter Rückschritt.

        Das wiederholte sich mit dem Fiesta MkII.

        Schön, daß Du das seltene Coupe bewahrst.

        Diese ehemaligen Brot-und-Butter Autos, noch dazu in Spezialversionen, haben heute viel mehr Reize als alle Pagoden, R107, Porsche 911, Flügeltürer und CSI-Coupes zusammen.

        Das zeigt sich auch auf jedem Oldie-Treffen.

        Die Leute scharen sich um diese Fahrzeuge, nicht um die Rechtsanwalts- und Zahnarzt Porsche und Mercedes.

        Denn diese Autos bewahren die eigene Vergangenheit – Porsche 911 oder Mercedes SL fuhr nun keine Durschschnittsfamilie in den 70ern.

        • Sandmann sagt:

          Ay minasgerais,

          noch viel spannender als der GXL Knudsen ist ja eigentlich das Butter-und-Brot Modell, also der NIX oder der L. Die gab es im skandinavischen Raum sogar ohne Teppiche, nur mit Gummimatten auf dem Boden 😀 Die hat wirklich NIEMAND aufgehoben, die sind heute extrem selten.
          Als „zeitlos“ würde ich das Design tatsächlich nicht bezeichnen 😉 Damals haben sich alle daran gerieben, dass der so barock und amerikanisch daher kam. Im Vergleich zu allen anderen war das auch wirklich krass. Aber gekauft wurde er trotzdem. Heute ist es „Kult“. Sei’s drum, ich finde ihn toll, vor allem weil er auch meine eigene automobile Vergangenheit widerspiegelt. Nicht die meiner Eltern, sondern meine selbst. Das macht ihn für mich so wertvoll…

          Eine Pagode oder einen alten 911er würde ich übrigens, wären die nicht so teuer, durchaus fahren. Tolle Autos. Leider nix für den Alltag 🙁
          Ich widme mich mal der S-Klasse. Auch nichts besonderes, vielleicht gerade deshalb was ganz besonderes 🙂
          Sandmann

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