Mercedes Benz mit Chauffeur

Da oszillieren wir (fossile Brennstoffe vernichtend) in der bunten Welt der neuen wie der alten Kraftfahrzeuge, und jetzt gehe ich nach langer Zeit wieder einmal fremd. Ist es ein Hintergehen des eigenen Autowagens oder gar eine leidenschaftliche Affäre mit einem vermeintlich umweltfreundlichen Nebenbuhler? Was macht man heute, wenn man des Abends was Schönes vor hat und auch ein kleines Tröpfchen Alkohol, sozusagen ein Quantum Trost, zu sich nehmen möchte? Taxi fahren? Ja, aber nur zurück. Und das Auto unten in der Stadt über Nacht frieren lassen kommt nicht in Frage, ich brauche es morgen früh. Also – öffentlicher Nahverkehr. Grandiose Idee, habe ich selbst entwickelt! Ich fahre Bus! Stadtbus. Ist die menschenbefördernde Bakteriensammlung eine echte Alternative in einer vor Überheblichkeit stinkenden Hochphase des Individualverkehrs?

Sehen wir einmal davon ab, dass ich mir an der dunklen Haltestelle fast die Füße abgefroren habe, weil ich zu faul war, mich zu erkundigen, wie denn hier am Rand von Kiel die Abfahrtzeiten so liegen.

2,20 Euro kostet mein Einzelfahrschein. Fühlt sich an wie das Selbstexperiment eines großkotzigen Neureichen in der Welt der sozialen Unterschichten. Dabei stimmt weder das eine noch das andere. Ich fahre BUS. Wau. Hier drin ist es mal warm und mal kalt, je nach Öffnungswinkel der Doppeltüren. Und es ist feucht. Man spürt förmlich, wie sich die Konglomerate aus Viren, Bakterien und anderen Erregern in jeder Kurve ineinander verwirbeln und sich einen Weg in meinen Körper suchen. Irgendwie bin ich unentspannt. Die Polster im fröhlichen 80er Jahre Kindergarten-Design sehen so aus, als freuten sie sich über ihren baldigen Feierabend. Immerhin unterhalte ich die anderen Fahrgäste offensichtlich blendend mit meinem Fotoapparat und den Selbstportraits… Über den modernen Flachbildschirm flimmern werbefrei die kommenden Haltestationen. Man lernt viele Straßennamen kennen, die man in ganz anderen Städten vermutet hätte, aber nicht hier. Da fällt mir Gladbeck ein. Silke Bischhoff. Das ist doch krank, nein, weg mit dem Gedanken!

10 Minuten später bin ich auch schon am Hauptbahnhof. Eigentlich recht unspektakülär. Tat gar nicht weh. Mach ich das vielleicht jetzt öfter mal?

Um den Nahverkehrsflash perfekt zu machen treffe ich mich mit jener regionalexpress-hassenden und am-liebsten-im-leeren-ICE-noch-Plätze-reservieren-wollenden Hamburgerin im neu und schön gemachten Kieler Hauptbahnhof. Bahnhöfe mag ich, sie erzählen Geschichten von fernen Städten, von Abschied, aber auch von Wiedersehen. Gemeinsam feiern wir ausschweifend den Geburtstag von Elvis Presley und lassen uns anschließend von einem warmen, trockenen Taxi nach Hause bringen. Ein Touran, soweit ich das noch rekonstruieren kann. Entspannte 8,90 Euro für zwei Personen bis vor die Tür. Nun werde ich aber doch wieder grübelig…

Fahren Sie regelmäßig Bus oder Bahn? Sind Sie vielleicht Berufspendler? Wie sind Ihre Erfahrungen, ist es bequem oder teuer oder sind Sie zufrieden?

Ein Audi-affiner Sandmann 🙂

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Über Sandmann

Die Zeit ist zu knapp für langweilige Autos, Abende vor dem Fernseher oder schlechten Wein. Ich pendel zwischen Liebe, Leben und Autos und komme nicht zur Ruhe. Aber ich arbeite daran.

8 Antworten zu Mercedes Benz mit Chauffeur

  1. Daemonarch sagt:

    Da ich früher mal (Reise)Bus gefahren bin, enthalte ich mich besser der Stimme! 😉

    • Sandmann sagt:

      Na ja,

      Reisebus ist ja nochmal eine ganz andere Nummer. Ich schimpfe ja auch gar nicht auf den öffentlichen Nahverkehr, allein das ganz große Sozialkino ist ja schon eine Reise wert. Vielleicht ein Bus Blog? Geschichten aus der 42? 😀

      Sandmann

  2. flohdaniel sagt:

    Ja, Autofahren nervt. Ständig Stau, teure Spritpreise, teurer Unterhalt….aaaaber:

    Naja in der Stadt auf kurzen Strecken lohnt sich Busfahren vielleicht.

    Wenn ich Landei zu meiner Arbeitsstelle will (35km), brauche ich mit dem Auto etwa 30-45 Minuten je nach Verkehr. Die Kosten für die Hin- und Rückfahrt würde ich mal grob auf 10 € schätzen. Der Unterhalt des Autos ist da nur bedingt einzubeziehen, da ich es eh benötige zum Einkaufen und allem anderen.

    Mit Bus und Bahn benötige ich für eine Strecke allerdings die doppelte Zeit, ca. 1,5 Stunden (3x Umsteigen) und bezahle 13 € für das Ticket. Mit einem Monatsticket könnte ich die Kosten auf etwa 11€ senken. Jobticket bietet meine Firma nicht an.

    Da stellt sich für mich die Frage leider nicht, obwohl ich eigentlich ein Mensch bin, der ständig aktiv versucht die Umwelt nicht unnötig zu belasten. Die Flexibilität, Preisgestaltung, Sauberkeit und der Komfort der öffentlichen Verkehrsmittel sind einfach nicht konkurrenzfähig. Eine Besserung ist auch nicht in Aussicht, erst kürlich wurden die Ticketpreise in unserer Region mal wieder um 10% angehoben.

    Würde Busfahren umsonst oder superbillig sein, würden sicher auch viele Menschen umsteigen. Aber das ist Aufgabe der Politik, die aber scheinbar nie an Sinnvollen Verbesserungen interessiert ist.

    • Sandmann sagt:

      Ay flohdaniel,

      tatsächlich ist der NICHT umweltschonende Individualverkehr, so teuer er auch geworden ist, meistens noch immer billiger als der öffentliche Nahverkehr. Wenn du dir gar ein paar Mitreisende in dein Auto setzt, wird es gar ein Schnäppchen.

      Ich bin komplett deiner Meinung, dass Bus und Bahn sehr sinnvoll sind und wesentlich billiger sein müssten. Stellt sich die Frage, wer das dann wieder bezahlen soll und wo das Geld hergenommen wird. Erhöhung der Mineralölsteuer? 😉 „Die Politik“ hat ja kein dickes Portemonnaie, in das sie greifen kann. Am Ende des Tages sind das unsere Steuergelder…

      Sandmann, auf Ideen wartend

  3. flohdaniel sagt:

    Ich fürchte in diesem Land wird es vorerst keine Alternative für den Individualverkehr geben, dafür sind deutsche (wie Amerikaner) viel zu individuell. Sie sitzen lieber in ihrem kuscheligen Auto im Stau und pusten Gift in die Luft statt Alternativen anzugehen. Ja, auch ich. Wobei ich schon jede überflüssige Fahrt mittlerweile vermeide. Schade, denn eigentlich fahre ich gern Auto.

    Bei uns wird alles privatisiert, um auch aus den letzten Möglichkeiten noch irgendwo Geld zu quetschen. Geld das nicht existiert, da es nur auf Schuldscheinen und Spekulationen basiert. Dadurch, das sogar hinter eigentlich öffentlichen Einrichtungen wie Buslinien mittlerweile Kapitalgesellschaften stecken, muss natürlich auch hier profitabel gearbeitet werden.

    Ein „Reset“ unseres Finanzsystems, Löschung aller Schulden und schwupps haben wir eine feine Möglichkeit, Dinge die sowieso schon immer in die Hände des Staates gehören, wieder zurückzuführen….ach ich glaube das klingt wieder zu anarchistisch.

    • Sandmann sagt:

      Stimmt. Das klingt anarchistisch.
      Auch wenn ich ahne, was du meinen könntest, ist es nicht so einfach umzusetzen. Jedenfalls nicht unter normalen Umständen, denn es gibt inzwischen so viele Menschen in entscheidenden Funktionen, die nur darauf bedacht sind, ihre Schäfchen ins Trockene zu bekommen…

      Ich fahre im Sommer meistens Fahrrad. In Kiel geht sowas noch, weil die Entfernungen überschaubar sind.

      Angeblich bricht ja 2012 ohnehin alles zusammen, dann noch eine nette Seuche oder ein kleiner Krieg, und dann hast du deinen Reset 😉 Aber vielleicht werden wir ja auch ohne solche drastischen Maßnahmen irgendwann ein bisschen besser in allem…

      Sandmann

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