Abenteuer TÜV…

Der Anfang (der Arbeit) vom Ende (der Hoffnung)

Der Anfang (der Arbeit) vom Ende (der Hoffnung)

– von Daemonarch
Hallo Freunde!
Wie in diesen Kreisen bekannt sein sollte habe ich mir vor etwa einem halben Jahr „Red“, einen betagten 1994er Passat 35i Facelift zugelegt. Dieser wies schon beim Kauf einen nicht wegzuignorierenden Wartungsstau auf, der sich gleich bei der Probefahrt durch Poltern im Fahrwerk und einem Herzzerreißenden Knarren beim Lenken bemerkbar machte… Nun stand aber der lange herausgezögerte HU-Termin an, und mein ganz persönliches Abenteuer sollte beginnen…

Stationen einer Teileschlacht. Jetzt hatte ich ja schon lange vor dem Tüv angefangen vorzuarbeiten, und hatte die Stoßdämpfer mit allem Honk und Ponk komplett ersetzt, dazu noch die Fahrwerksaufhängung vorne (sprich : Querlenker, Traggelenke, Koppelstangen, Radlager vorne, Kugelköpfe der Lenkung…).

Vorbereitungen01

Vorbereitungen01

Vorbereitungen02

Vorbereitungen02

Vorbereitungen03

Vorbereitungen03

Achsvermessung

Achsvermessung

Mit diesen nicht unerheblichen Investitionen in Teile und Arbeitszeit hoffte ich, irgend jemanden beim Tüv milde stimmen und die 2 Jahre Sorgenfreiheit ergattern zu können. Anfangs wirkte es auch so, als sei der junge Prüfer ernsthaft beeindruckt, aber dazu später mehr.

Wie es dazu kam, war eine ähnlich bizarre Geschichte (wie so oft bei mir). EIGENTLICH wollte ich in der LKW-Werkstatt meines neuen Arbeitgebers die HU machen, weil es da wohl „weniger Schwierigkeiten“ gegeben hätte. Leider konnte man dort nur die Abgasuntersuchung für Diesel machen, also – ab zu meinem lange gern genutzten Boschdienst… Pustekuchen! Nee, dieses Jahr haben wir alle Plaketten schon verbraucht, und das lohnt sich für uns nicht mehr, welche nachzubestellen…

Also zu meiner alten Lehrwerkstatt, wo ich schon sehr oft die HU gemacht hatte. Den alten Prüfer dort kenne ich schon seit Lehrzeiten, sprich 1990… Es kam, wie es kommen musste, dieser war ein Jahr zuvor in den wohlverdienten Ruhestand gegangen, und ein sehr junger engagierter Prüfer „frisch von der Akademie“ übernahm. Das musste jetzt erstmal nichts negatives bedeuten, wie meine früheren Erfahrungen mit der DEKRA und meinem Audi 200-20v zeigten. In diesem Fall aber…

Schon bei den Worten „Da haben sie ja gute Vorarbeit geleistet, aber ein paar Sachen muss ich Ihnen noch mit auf den Weg geben“… ahnte ich Böses… Und behielt Recht.

Lenkmanschette, Flexrohr, Bremsleitungen entrosten, Bremse vorn, Handbremsleistung zu stark variierend, Tonnenlager der Hinterachse PORÖS (nicht, das die Spiel gehabt hätte oder so, sah halt nur alt aus).

Naja, nutzt ja nix, zum Glück muss ich in der Wintersaison selten arbeiten, und ein alter Bekannter konnte mit seiner Werkstatt und fachmännischen Händen extrem helfen. Die folgende Arbeit hätte ich trotzdem gern vermieden, denn ich habe in meiner 23jährigen Autobesitzerkarriere noch nie so viel Geld und Arbeit in eine neue Plakette investiert.

Bremse doch etwas schwach...

Bremse doch etwas schwach…

Schon der Einbau der Fahrwerksteile hätte mich mit meiner „auf der Straße schrauben“ – Technik hoffnungslos überfordert. Auf einer Seite war das Traggelenk derartig im Achsschenkel festgerostet, das hätte ich mit meinem alten Hammer und Meißel niemals da rausbekommen. Zumal der dort vorhandene Schraubstock doch einiges erleichtert hat – und die Radlagerpresse war auch mehr als nur nützlich.

Nun ja, jetzt ging es an die Behebung der „letzten“ Zipperlein. Diese hatten es aber definitiv in sich. Das ging schon mit der Lenkmanschette los. Diese war dermaßen mies innen am Lenkgetriebe zu befestigen, das man sich eigentlich mindestens 4x die Finger hätte brechen müssen, um da ranzukommen. Nach einer Stunde war das neue Teil dann aber drin. Dann ging es zum Flexrohr des Hosenrohrs. Dieses bekommt man als Einschweißteil zwar bei Ebay um die 20€, doch muss man dazu auch das Hosenrohr demontieren, um die Schweißnaht vernünftig setzen zu können. Ich habe bei Ebay ein komplettes Hosenrohr für 30€ bekommen, somit erübrigte sich das.

Drei Schrauben oben gingen mit einiger Mühe auch mehr oder weniger gut raus, bei einer kam zwar der Stehbolzen mit raus, aber was soll’s… Bei der vierten natürlich das alles vernichtende „KRACK“. Abgerissen! Ich wäre um ein Haar ausgerastet, war aber viel zu erschöpft und enttäuscht dazu. Nach vielen Versuchen, eine Mutter draufzuschweißen und den Flansch heißzumachen musste ich irgendwann einsehen, das es nix bringt. Was nun? An die Krümmerschrauben kommt man beim 35i ja leider dank Quereinbau des Motors praktisch nich ran. Und wenn – man muss die Ansaugbrücke und vieles mehr demontieren – viele Chancen dafür, noch mehr Teile abzureißen. Bei meinem Glück hätte ich hinterher den Kopf abbauen müssen…

Also alles auf eine Karte gesetzt – hitzebeständiges Dichtmittel auf den Flansch und unter die Dichtung, vorsichtig anziehen, und zu allen antiken Göttern beten. Und es hat geholfen. Zumindest oben ist der Flansch wieder dicht. Dann die absolute Horrorarbeit : Die Hinterachslager…

Noch hängt sie...

Noch hängt sie…

"Ausgehängt"

„Ausgehängt“

Nach einigen untauglichen Versuchen, die Lager bei eingebauter, aber nur abgelassener Achse rauszuschlagen entschied ich mich dann doch dafür, die Achse komplett auszubauen…

Hups, rausgefallen

Hups, rausgefallen

Hier war das Rausschlagen zwar immer noch nicht wirklich angenehm, ging aber nach Einsatz eiserner Verzweiflung irgendwie. Dann noch die Sitze leicht ausgeschliffen, eingefettet und die neuen Lager vorsichtig eingezogen…

Ziiiiieh!

Ziiiiieh!

Mit viel Geduld und umsichtigen Hammerschlägen auf den Hinterkopf waren die Tonnenlager nach einiger Zeit eingezogen… Zum Glück sind diese beim Passi zweigeteilt, das geht besser als z.b. beim Golf Variant, da sind sie einteilig, noch eine widerlichere Arbeit. Dann schnell die Achse wieder reingehängt, alles wieder angeschlossen, neue Bremsbacken und Zylinder eingebaut, entlüftet… GO!

Wie es der Teufel will, ist der Auspuff gerade am Minikat, der vorher noch immer dicht war momentan nicht dichtzukriegen. Mir lief aber leider mächtig die Zeit weg, immerhin hat man gerademal popelige 4 Wochen, den Wagen wieder vorzuführen, also statt einer erneuten Nachtschicht mit einer gehörigen „LMAA“ Einstellung wieder zum TÜV. Was ich noch vergessen hatte, er hatte auch einen Scheinwerfer bemängelt, mit mangelhafter hell/dunkelgrenze. Nach langem Suchen haben wir dann festgestellt, das der Reflektor in der „Umlenkung“ fast unsichtbar den Chrom verloren hatte. Nachdem ich für 35€ beim Schrotti einen gebrauchten Scheinwerfer geholt und den noch im dunkeln auf dem Gehweg abends reingepflanzt hatte, ging es dann am nächsten Tag zur Wiedervorführung… Und was soll man sagen?

Yipppiiiiieeeeeee

Yipppiiiiieeeeeee

BÄM!

BÄM!

Bei ner‘ anderen Meinung hätte ich den Typ auch in die Schere der Hebebühne gesteckt und diese dann abgelassen. Ich traue mich mittlerweile gar nicht mehr, die Kosten an Ersatzteilen und Arbeitszeit (die zumindest für mich ja immerhin nix kostet) zusammenzurechnen, da werde ich wieder extrem traurig. Ist aber wieder andersrum unwahrscheinlich, dass ich für den Gesamtpreis von nun ca. 1100€ nen Passat mit neuem Tüv bekommen hätte und genau wüsste, dass all diese Teile vernünftig erneuer worden sind.

Ich werde in Zukunft auf jeden Fall die Prüfstelle wechseln, auch wenn aufgrund der vielen Neuteile und der geringen Laufleistung nicht zu erwarten ist, dass da noch große Mängel zusammenkommen…

So denn in diesem Sinne – RUN REDDIE, RUN!
Daemonarch

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22 Antworten zu Abenteuer TÜV…

  1. marc1 sagt:

    Hey, du Super Schrauber. Ich ziehe meinen Hut vor dir. Ich bin froh, dass ich mein Servo-Öl gewechselt habe und die Geräusche weg sind. Deinen Passat find ich supi. Flotte Form, ne Menge Platz. Sehr cool, auch in Signal rot. Gruss, der gasende Oberlehrer

  2. El Gigante sagt:

    Schön, dass Deine TÜV-Tortur mit dem ersehnten Aufkleber geendet ist.

    Ich bin mir sicher, dass Du nun für lange Zeit Ruhe hast. Der Passat ist ja generell ein sehr robuster Begleiter – allzeit gute Fahrt.

    Ich hoffe, dass ich Dein Tornadorot bald mal mit dem Tornadorot von unserem REDSTAR live vergleichen kann!

    El

  3. Daemonarch sagt:

    Jau, hoffentlich im „Sommercamp“… 😉

  4. bronx sagt:

    Saubere Sache! 😀

    Und wat ne Frickelei 🙄

    Bronx

  5. Sandmann sagt:

    Sach mal,

    ist der denn gar nicht an den Endspitzen der Kotflügel unten am Schweller durchgerostet? Da, wo normalerweise das Wasser abfließt, der Ablauf aber gern von Blättern und Dreck verstopft wird und JEDER Golf 3 und Passat da geimelt…..? 🙂

    Sandmann

  6. Daemonarch sagt:

    Nö, da hat er null… Nichtmal Flugrost…

    Allgemein Rost ist da nich viel. Die Bremsleitungen musste ich etwas entrosten und überjauchen, sonst nada.

  7. LarsDithmarschen sagt:

    Ein tornadoroter Passat 35i facelift mit 1.9 TDI und Pacific-Austattung ist das erste Auto, das meine Eltern gefahren haben, an das ich mich erinnern kann. Es gibt sogar ein Bild, wo ich auf dem Abschiedsfoto von dem Auto drauf bin, da war ich drei Jahre alt.

    Da hast du ja wirklich viel Arbeit in das Auto reingesteckt, kommt ja schon fast einer komplett Restauration gleich. Ich wünsche dir viele sorgenfreie Kilometer bis zum nächsten TÜV-Termin.

    Mein V40 muss im Mai hin, ich hoffe, der Steinschlag im Sichtbereich fällt nicht auf…

    Schöne Grüße
    Lars

    • Glockenkoenigin sagt:

      Ach wat, dat fällt nich auf – wenn der Prüfer mit Blindenhund zur Arbeit kommt. 😉

      • marc_connor sagt:

        Ist es nicht Voraussetzung für diesen Job, ein optischer Legastheniker zu sein? Über das Prüfergebnis entscheidet doch eh nur die jeweilige Tageslaune!! 🙂

    • marc_connor sagt:

      Lars …
      … ein alter Hausfrauen-Trick, der zwar FAST NIE funktioniert, aber den Versuch ist es wert. Such dir irgendeine Olga, mit großen Hupen und kurzem Rock … und lass sie mit deinem Auto zum TÜV fahren!

      Vielleicht hast du ja Glück und „erwischst den Hasen beim Scheißen“ … ähmm sozusagen *grins*

      Und wenn du jetzt fragst … 6- oder 12 Volt Hupen? … dann geb ich es auf 😉

      • El Gigante sagt:

        Eyyyyy Marc – nicht gemein sein! 😉

        Die Masche mit den großen Hupen und dem kurzen Rock funktioniert nicht nur FAST NIE, sondern GANZ SICHER NIE – der Schuss könnte nämlich sogar in die falsche Richtung losgehen! Wenn der Prüfer nämlich mitbekommt, dass die Dame nur blenden soll, nimmt er das Fahrzeug erst richtig unter die Lupe und nörgelt über die kleinsten Kleinigkeiten.

        • LarsDithmarschen sagt:

          Ich glaube, die besten Hupen werden wohl nichts nützen :D.

          Den Steinschlag könnte man übersehen, aber ich weiß nicht, was der TÜV zu einem noch undefiniertem Quietschen sagt, was vorne links am Rad entsteht, wenn mein Alltagslech einfedert. „Ieku!“. Wie das Quietschen von einem alten Federbett, wenn man sich rauflegt.

          Mal schauen, morgen werd ich da mal nachsehen.

          Schöne Grüße
          Lars

  8. Snoopy sagt:

    Da werden Erinnerungen wach. Den hatten wir als 1.6 Benziner in weiß als Geschäftswagen…
    Ja und Prüfer sind mir auch schon ganz unterschiedliche begegnet…

  9. marc_connor sagt:

    @Daemonarch
    Ganz im Ernst … RESPEKT!!
    Kaum jemand macht sich die Mühe, ein Alltags-Auto dieser Preisklasse, nochmal aufzuarbeiten. Was du da für Zeit und Mühe investiert hast, verdient wirklich Anerkennung!

    grüße, marc 😉

  10. Daemonarch sagt:

    Ich hatte ja keine Wahl… Entweder fertig machen, oder gar kein Auto haben, denn billiger an ein vergleichbares durchrepariertes Auto zu kommen ist schwerlich möglich.

    Ich gebe zu, ich hatte zwischendurch meine Phasen, wo ich nochmal das rechnen angefangen hatte, aber im Endeffekt kam es immer wieder dabei raus – saurer Apfel, einmal durchreparieren und Ruhe.

    Jetzt will ich aber bei mindestens den nächsten 3 Tüv-Terminen NICHTS mehr von den Prüfern hören!

    (P.s… DEN Prüfer lass ich nie wieder unter mein Auto, ich denke bei anderen Prüfstellen gibts vielleicht noch Leute, die wissen das ein 20 Jahre altes Auto nicht neuwertig sein kann)

    • marc_connor sagt:

      Da hast du natürlich Recht!
      Ich hab grad mal bei den beiden großen Gebrauchtwagen-Portalen reingeschaut. Es ist absolut erschreckend, was da im unteren Preissegment angeboten wird!
      Das sind größtenteils „100 Euro-Kisten“, die aber für 800 Euro angeboten werden … oder irgendwelche Hobel, bei denen selbst die Afrika-Exporteure die Nase rümpfen! *gg*

  11. bronx sagt:

    Im April ist unser mittlerweile 18 jähriger Astra wieder dran. Ich werde berichten. 😉 Fahre aber zu meiner Youngtimer-affinen Prüfstelle. Beide Omegas ohne große Probs durchgewunken. Mal sehen, wie das mit dem „kleineren“ wird . . 🙄

    • Sandmann sagt:

      Ay Bronx,

      ich erinnere mich an einen Besuch beim Telehändler, muss so um 1994 gewesen sein. Ich wollte Schweller für meinen Granada kaufen, der Typ vor mit welche für seinen zwei Jahre alten Astra. Der Mann am Tresen: „Oh, die haben wir noch gar nicht, die gibts momentan nur bei Opel. Unfall gehabt?“ und er: „Nee, durchgerostet…“
      🙂
      Aber du wirst deinen schon gut machen…

      Sandmann

      • bronx sagt:

        Sandmann,

        Kaaaalaaaauuuuuhh, ick hör‘ dir! 😉

        Aber Du hast nicht unrecht, beim T92 Vorfacer waren die extrem am rosten. Und nicht nur dort, ich erinnere an Daemonarchs Bericht hier, als er an seinem Astra schweisste. Genau DIE typischen Stellen!

        Ich hab ja nun das 96er VL Modell. Da ist das in der Tat eine ganze Ecke besser geworden, Rost ist hier (bisher) kein Problem.

        Eine neue AGA und die Bremsen komplett rundherum beliefen sich auf knapp 200 Sisterzen. Ich behaupte immernoch, ein Astra ist sehr schrauberfreundlich und monetär gut verträglich. Von daher wird er bleiben, solange es sinnvoll erscheint.

        Wer ein Auto sucht, was sich mit geringstem Budget am laufen halten lässt, welches einfach immer funktioniert, kommt am technisch wenig anpruchsvollen Astra selten vorbei.

        Viel machen muss ich ja nicht, der ist schon ganz gut. 😀

        Bronx

    • Snoopy sagt:

      Na fahrsicher soll es schon sein. Nur kann man ja mit dem Prüfer auch über die unmöglichsten Dinge diskutieren die eine Plakette verhindern (das Rücklicht hat kein E-Zeichen, die Farbcodierung fehlt auf der Feder, die Kupplung rupft, die Scheinwerferverstellung geht zu langsam…). Beim letzten Termin habe ich gute Tipps bekommen wie man sich das vorstellt.
      Hier in der Nähe wurde ja mit Plaketten gehandelt, und da fuhren ja Wagen mit durch die Weltgeschichte in grauenhaftem Zustand…)

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