Wo bin ich?

Die können heute was...

Die können heute was...

Ich mag Navigationssysteme. Sie sind eine warme, haptische Erfahrung. Sie werden im stressigen, verkehrsreichen Alltag zu kleinen Freunden. Sie bringen einen nach Hause. Sie sagen einem mal so richtig, wo es lang geht. Je neuer sie sind, desto mehr können sie, vom Reiseführer über die Freisprecheinrichtung bis zum Fernseher. Warum auch nicht? Im Multimedia-Deutschland ist ein Telefon auch schon lange nicht mehr nur ein Telefon. Jedes Gerät will alles können. Aber jetzt bin ich verwirrt. Ich ging mit viel Geld in die Stadt, das ist nun 4 Wochen her, und nach einigen seltsamen Begebenheiten verliere ich langsam den Glauben daran, dass ich in naher Zukunft wieder von einer netten Frauenstimme geleitet werden könnte…

Die dicke Lisa wohn jetzt wo anders

Die dicke Lisa wohn jetzt wo anders

Hier haben wir Lisa. Lisa ist ein TomTom Go 500 und dem einen oder anderen von Ihnen aus längst vergangenen Tagen vielleicht noch bekannt. Hat sie mich doch bei einem Date zwar präzise in die eingegebene Stadt geleitet… diese entpuppte sich dann aber als namensgleich mit „Da-wollte-ich-eigentlich-hin“ und war gar nicht da wo ich selbst war. Wo bin ich? Lisa zeigte sich für damalige Verhältnisse gut ausgestattet, Bluetooth, SD Kartenslot, dicker Akku. Das Kartenmaterial erwies sich nun allmählich eines Updates würdig, als größeres Problem zeigte sich allerdings die Wärmeschutzverglasung meines A8. Das TomTom fand nicht einen Satelliten. Außer durchs Schiebedach 🙂 Also muss eine neue Lisa her. Die alte lebt jetzt in der Schweiz, wo die geneigte Cabrioscheibe noch ein Finden der Satelliten zulässt.

Die schlanke Lisa ist größer

Die schlanke Lisa ist größer

Es muss eine Lisa mit der Möglichkeit einer externen GPS-Antenne sein. Das TomTom ONE XL bietet diese Option, außerdem ein schönes breites Display, TMC-Empfänger, aktuelle Karten… Und ich muss gestehen, dass ich mich durch die Werbung von der NavShare Technologie begeistern ließ, also von der Möglichkeit, die Karten selbst zu ändern und diese Aktualisierungen mit anderen Usern zu tauschen. Was man mir verschwieg: Die Karten sind inzwischen so umfangreich und detailliert, dass man sie in ruckenden Einzelbildern zu befahren scheint. Mit rund 2 Schritten pro Sekunde zuckt die Landschaft unter meiner Position dahin. Im Nachtmodus ziehen die Farbübergänge sogar Geisterbilder. Höchst nervig. Ein direkter Vergleich Lisa alt gegen Lisa neu nebeneinander ist nicht nur sehr lustig (beide Stimmen plappern im Kanon), sondern auch aufschlussreich. Die alte Lisa scrollt die Karte flüssig und metergenau, die neue zuckt wie ein HipHopper. Auf dem Heimweg nach Kiel findet der TMC-Empfänger auf 1100 Kilometern Strecke ganze 4 Stausender. Hurra. Der Saugfuß ist auch erwähnenswert. Das Navi wird mit allen Anschlüssen von oben auf ihn raufgeschoben. Also von da, wo die geneigte Windschutzscheibe das verhindert. Da hat jemand echt mitgedacht. Schade eigentlich, ich mag das TomTom. Aber so etwas will ich nicht.

Guten Tag, ich bring Ihnen das Navi hier zurück, das ruckt und zuckt und das macht mich ganz kirre„. „Hm, ja, dann nehmen Sie doch das GO, das hat den dicken SIRF Prozessor und kostet auch nur 150,- Euro mehr!“ Das ruckt aber genau so. Das Problem scheint nicht mangelnde Rechenleistung, sondern unattraktive Software zu sein. Ja, stört das denn die Tester nicht? Oder ist es doch meine Windschutzscheibe? Also ich find’s unmöglich.

Super, aber irgendwie nicht ganz in Ordnung

Super, aber irgendwie nicht ganz in Ordnung

Warum nicht einmal eine Neue probieren? Falk räumt alle Test-Trophäen ab und hat einen Prozessor vom Typ NavGlo drin, der so empfindlich ist, dass er trotz Wärmedämmverglasung die Satelliten findet. Wau. Also bestelle ich preisgleich beim Servicetechniker im Elektronikgroßmarkt, der das noch nie in der Hand hatte, das Falk F3. Als es da ist kann ich meine Freude nicht in Worte kleiden. Robuster Saugfuß an der Scheibe, das Falk wird magnetisch vorn rangeklippst. Genial. Außerhalb des A8 findet sie 7 Satelliten, drin immer noch 7 Satelliten. Passt. 3 würden ja schon reichen. Automatische Umschaltung von Nacht auf Tag, Atom-Uhr-Update, neue Karten, butterweiches Scrolling und die nette Frau (diese heißt Sandra) liest mir sogar die Straßennamen vor, in die ich einbiegen soll. Alles könnte so schön sein, bis… ja bis ich an der Kreuzung bemerke, dass ich auf dem Display noch 50 Meter vor der Kreuzung stehe. Dass ich beim Überqueren von Bahnschienen bis zu 100 Meter hinterher hänge. Dass die Straße, die hier gerade rechts abgeht, auf der Karte erst viel später kommt. Leute, was hab ich euch eigentlich getan???

Wo bin ich?

Wo bin ich?

Ich bin verzweifelt. Da habe ich mein Traum-Navigationsgerät gefunden, und es ist ungenau. Lange Mails und Telefonate mit dem netten Service bringen auch keine neuen Erkenntnisse, resetten, Karten neu installieren, Software updaten, es hilft alles nichts, Sandra hängt hinterher. So sehr, dass sich – an der roten Ampel stehend – die Karte dreht. „Drehen Sie wenn möglich um!“ Aber… ich… hallo?… Auch der ausgestreckte Arm aus dem offenen Schiebedach (in dem Glauben, dass vielleicht doch die metallbedampfte Wärmedämmscheibe irgendwas verzögern könnte) bringt keine Besserung. Sandra ist jetzt wieder auf dem Weg zu ihrer Geburtsstätte und wird untersucht. Schade ist es um die City-Guides, der mit drauf sind. Mit Barführer und Best-Of-Portwein-Places POIs. Aber das läuft mir ja nicht weg. Präzise navigieren will ich. Mittelfristig. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und was mache ich, bis Sandra wieder da ist?

Guck mal wieder auf die Instrumente

Guck mal wieder auf die Instrumente

Sie werden es nicht glauben. Ich gucke in Straßenkarten (das sind diese Dinger aus Papier, die man aufklappen kann, mit ganz vielen Strichen und Linien drauf). Ich schaue auf die Straße vor mir und entdecke Schilder, die in eine Richtung weisen und einen Ortsnamen tragen. Wer hätte das gedacht? Sind die Ihnen schon einmal aufgefallen? Hey! Ich sehe auf meinem Tacho, wie schnell ich fahre. Unglaublich. Instrumente. Ich hatte mir den kompletten Navigations-Blindflug angewöhnt, alles, was ich wissen muss, hat mir Sandra gesagt. Mein Gehirn lag dann jeweils im Handschuhfach. Ich höre immer seltener den Satz „Ääähhh…. Papa, sag mal… hätten wir da vorne nicht abbiegen müssen…?“ Nein! Ein Navi ist omnipotent. Wenn es sagt: DA lang! dann ist das so und wird nicht diskutiert. Peinlich, oder?

Trotzdem freue ich mich auf mein hoffentlich irgendwann intaktes Falk. Oder eben ein anderes Gerät. Wie kommen Sie mit Ihrem Navigationssystem klar? Alles okay? Oder sind Sie jetzt stutzig geworden? Dennoch… ich habe etwas neu entdeckt. Da ist eine Welt außerhalb meines Autos. Man sieht Schilder und Richtungsangaben und erkennt Straßen wieder. Ich weiß wieder, wo ich bin. Ein schönes Gefühl. Ich hatte fast vergessen, wie das ist.

Sandmann

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Über Sandmann

Die Zeit ist zu knapp für langweilige Autos, Abende vor dem Fernseher oder schlechten Wein. Ich pendel zwischen Liebe, Leben und Autos und komme nicht zur Ruhe. Aber ich arbeite daran.

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