*tschiep* *tschiep*
Seltsames geschieht dieser Tage, die ursprünglich engelsgleich einen Sommer mit sanften Gesängen einläuten sollten. Der Autobahnvogel, gemeinhin bekannt für seinen Frohmut und seinen Sanguinismus, fühlt sich davongespült. Es regnet und regnet in Deutschland, sein gesamtes Revier ist nass und klamm und auch der Weg zu seinen verschiedenen Nestern will ihm schon nicht mehr gefallen. Begleiten wir ihn auf einem seiner Streifzüge und entwickeln wir ein Rettungskonzept für diese aussterbende Art immerfröhlicher Lebewesen.
Es beginnt mit der Nahrungsaufnahme.
Pendula Alltagis braucht am Morgen nicht viel, um glücklich zu sein. Unser kleiner Springinsfeld gibt sich ab 6:00 Uhr morgens, wenn sein lieblicher Gesang über den Flur bis in die Dusche zu hören ist, mit etwas schwarzem Kaffee zufrieden. Liebevoll gebraut nicht von seinem heute fernen Weibchen, sondern eigenmächtig unter Zuhilfenahme der Lakeien aus dem Hause Krups und Melitta. Beides Zeitgenossen aus längst vergangenen Tagen, dank liebevoller Pflege aber jung und frisch wie damals in den 70ern. Und orange. Orange ist wichtig.
Dramen spielen sich da draußen ab, wenn auch nur im Geiste. Das transportierende Bieder-Gefieder aus Wolfsburger Werken geleitet den Asphalt-affinen Blässling schnurgerade durch Wasserlachen und kleine Seen. Er ist froh, dass er die Winterreifen noch drauf hat, gleichwohl alle ihm gesagt haben, dass es Ende Juni langsam mal Zeit würde, die Federn zu wechseln. Gefühlter Bodenfrost und die nahe Sintflut sprechen allerdings eine andere Sprache. Während seine tiefer wohnenden Nachbarn darüber nachdenken, eine Arche zu bauen versucht Pendula Alltagis, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Brutstätte seiner Kreativität zu erreichen.
Unscharf fokussiert (weil während des Fluges aufgenommen) erhalten wir Einblick in den Lebensraum des lustigen Meilenabspulers. Der Autobahnvogel muss akustisch unterhalten werden, sonst vereinsamt er. Aus diesem Grund befindet sich in seinem winterbereiften wundervollen Wandernest auch mannigfaltiges Tonmaterial, welches gleich dem Gesang der lieblichen Sirenen aus griechischen Heldensagen in seine Ohren diffundiert. Er hofft, nicht wie Odysseus stumpf auf sie reinzufallen und schickt sich demnach an, das Gefährt nicht blind auf den nächsten Felsen zu lenken, obwohl der Blick durch die Gischt wenig differenzierte Umgebungsdetails zeigt.
Auch während des Fluges sieht unser Protagonist es als überlebensnotwendig an, die flüssige Nahrungsaufnahme nicht zu unterbrechen. Das schwarze Nass aus Krups und Melitta steht nun in einem praktischen Pappbecher auf einem wundervollen, in vorherigen Wandernestern immer schon vermissten Serien-Cup-Holder, leidlich warm gehalten von einer ebenfalls orangen Thermoskanne. Wenigstens hier und da ist an diesem trüben Morgen ein Farbfleck zu bewundern. Wie bunt es im Herzen des Pendula ist kann man als Außenstehender nur erahnen, bekommt aber einen Eindruck, wenn man seinem lauten und falschen und zumeist nicht ganz zur akustischen Beschallung passenden Gesang lauscht. Baustelle. Schalten. Und – weitersingen.
Das Nest ist in keinem guten Gesamtzustand. Unser Autobahnvogel kommt ins Nachdenken, das Grau und der Regen machen ihn krank. Vielleicht kann er mit seiner erst-Brut in ein wärmeres Land fliegen, und sei es nur für einige Tage, um wieder neue Energie und Sonne zu tanken? Um seinen Gesang wieder auf die richtige Tonspur zu bringen und seine Gedanken wieder so zu ordnen, dass er mit seinen Flügeln neue Geschichten für die anderen schreiben kann? Warum eigentlich nicht? Aber zuvor muss das Wandernest heile gemacht werden, in diesem Zustand wird es nicht bis in den Süden durchhalten. Pendula Alltagis ist kein Zug-Vogel. Er möchte statt in der Bahn lieber in seinem Nest reisen. Heute zunächst zur Brutstätte der Kreativität, und nach kleinen Reparaturen vielleicht noch ein bisschen weiter. Ja, das ist eine gute Idee.
Der im Fortbewegungsmittel permanent Heizöl unter Kompression verbrennende Frohmut-Vogel ist gläubig. Seine kleine Madonna unterstützt ihn bei Flügen durch seine Welt und erneuert jeden Tag seinen Glauben daran, dass alles immer irgendwann wieder gut wird. Wenn es das nicht sowieso schon ist. Regen. Grauer Himmel. Wochenbeginn. Na und? Das schwarze Nass im Inneren des Piep-Matzes beginnt seine erweckende Wirkung zu entfalten, und während die Madonna irgendwie ein bisschen milde lächelt beginnt der Autobahnvogel seinen fröhlichen Gesang erneut. Diesmal schon ein wenig sicherer. Süden, das wär’s.
Süden. Es gab ja einst Zeiten, an denen das Pendeln druckvoll und angstbehaftet war ob der Möglichkeit, am Zielort nicht im vorgegebenen Zeitplan zu landen. Andere Vögel fliegen manchmal auch zur Brutstätte, manchmal auch alle gleichzeitig, und dann wird es eng. Das ist nun nicht mehr so, Pendulas einzige Sorge ist das umfassend graue und schlechte Wetter, zwar gemeistert von den Winterreifen des nicht-Stufenheck-Nestes, aber trist machend an so einem frühen Morgen. Und auch später noch. Doof. *tschiep* Als der letzte Tropfen aufmunterndes Wässerchen aus Orange in Pappe in Schnabel gelaufen ist, zeigt sich am grauen Horizont bereits das Ziel.
Nennen wir es mal Aufbruch. Für die einen in einen neuen Tag, für die anderen in einen nicht kommen wollenden Sommer und für ganz besondere Vögel in einen neuen Lebensabschnitt. *tschiep* In diesem Sinne, ihr gefiederten Freunde, wohin tragen eure Wege euch diesmal? Stillstand ist der Tod.
Sandmann
Was für eine melancholische Geschichte. Bin ich froh im sonnigeren Süden zu wohnen ;-).
Konnte Rudolfs Arm/Türgriff gerettet werden ?
Wir sind gespannt auf die Fortsetzung dieser Geschichte 🙂
Ay Snoopy,
dem Arm ging es gut. Dem Fensterheber dahinter allerdings nicht, der Heber hat sich vom Fenster gelöst. Da ist echt schwer ranzukommen, da muss erstmal die ganze Verkleidung und der Schaumstoff runter. Na ja, später mal. Wir haben ja Klimaanlage…….. 🙂
Sandmann
Ja – ach …
Da schreibe ich auf dem „anderen Kanal“ gerade den Beginn meiner sonnigen Erlebnisse … und schon schiebt der „komische Vogel aus Kiel“ weitere wasserlastige Weltuntergangsstimmungen nach :-). So wird das nie etwas! Mit diesem Sommer. Oder zumindest mit einem Gefühl, das so ähnlich ist wie Sommer.
Wer soviel über Regen schreibt, der ruft ja förmlich nach tröpfelnden bis schüttenden, grauen Wolken. „Herr, ich rief die Geister – nun werde ich sie nicht wieder los!“
Steigt eigentlich die bundesdeutsche Selbstmordrate bei solchem Wetter?
Ich glaube ja, die steigt….
Allerdings – im Sinne einer guten Dramaturgie erkläre ich natürlich zunächst anhand der Sintflut, warum ich SCHON WIEDER in die Sonne fahre. Mit dem Auto. Mit drei minderjährigen Grazien. Und glaube mir – diese Bilder werden bald kommen, und sie machen Lust auf Meer 😀
Selten genutztes Wortspiel, heute ist Exklusiv-Tag…
Sandmann
Aha – eine Fotocompetition ist also angesagt! Da kann ich garantiert mithalten. Zur Zeit allerdings noch mit Bildern von 2010 – die 2012er dann erst Ende August.
Also:
http://www.panoramio.com/photo_explorer#view=photo&position=28&with_photo_id=38726412&order=date_desc&user=2644211
oder:
http://www.panoramio.com/photo_explorer#view=photo&position=33&with_photo_id=38726201&order=date_desc&user=2644211
oder:
http://www.panoramio.com/photo_explorer#view=photo&position=25&with_photo_id=38726557&order=date_desc&user=2644211
😉
El
WOW. Okay.
Das sind leckere Bilder, auch wenn ich hier gerade die extrem krückende W-LAN Verbindung zum Aufrauchen gebracht habe! Und dafür hab ich 35 Euro bezahlt. Wahn. 🙂
Ich werde mal nachlegen, aber heute hab ich noch viel zu tun. Doof, wenn man sagt, dass man weiterarbeitet. Dann haben auf einmal alle ne Menge Arbeit für einen 😉
Prost!
Sandmann
Hey El,
großartige Bilder. Hatte gerade ein Deja-vu beim Anblick des Juno-Tempels. Genial 😀
Du alter Perfektionist, sogar alle Räder in einer Richtung eingeschlagen 😉 ….
*lach* – ach, haste einfach so weitergestöbert? Da gibt man dir den kleinen Finger …
Aber es ist schon okay. Die allermeisten Bilder sind ja schließlich sogar über Google Earth für die ganze Welt zu sehen 🙂
Und; bei der gestellten Aufnahme unseres damaligen Fuhrparks habe ich NATÜRLICH auf Kleinigkeiten geachtet. Und DU hast es bemerkt – da hat sich der Aufwand doch bereits gelohnt!
Bald lichte ich neue Sizilien-Fotos für Panoramio ab – mal sehen … in meiner Beitragsreihe zum Urlaub auf Sizilien werde ich euch daran teilhaben lassen.
El 😉
Wenn man mir den kleinen Finger gibt, stöber ich immer weiter 😀
Geburtsfehler 😉
Mach weiter im Urlaub, ich liebe diese Ecke aus eigenem Erleben, hatte etliche (berufliche) Aufenthalte dort, genau wie auf Korsika…
Bronx
Soifz…
Endlich kommt Sonne in den Laden 🙂
… aber nur mit der Brechstange! 😛