Tatort Zulassungsstelle

Dann mal los!

Dann mal los!

Mein Audi V8 hatte den ganzen langen vergangenen Winter brav in der Scheune gewartet, und sein Nummernschild schreit laut nach Plaketten. Er will wieder gefahren werden! Mein Vorhaben ist eigentlich nicht so schwer zu durchblicken: Nach der Zeit der Restauration durch Retter Tom habe ich ein neues Nummernschild bekommen (irgendwas mit QT187 oder so), weil mein geliebtes, noch Eurostreifenfreies IQ42 nach der Abmeldung ein Jahr gesperrt war. Aber nun ist es wieder zu haben. Also strebe ich eine sogenannte Umkennzeichnung bei Wiederzulassung an. IQ42 ist immer noch frei, also habe ich es gestern telefonisch auf meinen Namen reservieren lassen. Papiere, Doppelkarte, TÜV und ASU, Nummernschilder, Bargeld… alles dabei, es kann eigentlich nichts schief gehen. Dachte ich heute morgen. Wie sehr man sich doch täuschen kann.

Szene: Neue Zulassungsstelle. Die „alte“ nebenan wird gerade abgerissen. Ein heller Raum mit freundlichen Farben, gefüllt mit im Ansatz genervten Bürgern. Alle haben Papiere in der Hand. An der Wand piep-dröhnt in regelmäßigen Abständen der Großbild-Nummernaufrufer und orakelt neue dreistellige Zahlen, die jedes mal umgehend mit der eigenen auf dem Zettelchen verglichen werden. Ein Tisch, ein Computer, ein Angestellter der Zulassungsstelle und ich.

„Mooorgen (träller), ich habe schon alles ausgefüllt und die Kennzeichen dabei. Hier, bitte.“ und legt alles auf den Tisch. „Aha…“ schaut auf die Papiere… „… die Schilder sind aber nicht die von Ihrem Auto.“ – „Ähm, doch, ich möchte den Wagen (holt stolz Luft) umkennzeichnen.“ – „Warten Sie mal… (guckt auf seinen Computer) nein das geht nicht, QT187 ist für das Fahrzeug im Brief eingetragen.“ – „Ja, äh, was?… ich möchte ja auch IQ42 wieder haben.“ – „Nein (guckt in den Rechner), das geht auch nicht, IQ42 ist gesperrt.“ – „Wie bitte?“ – „IQ42 ist an einem Audi dran“ –  „Jaaaa (lacht) das ist doch dieser Audi hier mit den Papieren, das ist das Auto um das es geht.“ – „Ach, das ist das gleiche Auto? Sagen Sie das doch.“ – „Ich… (schmunzelt gutmütig) … ich dachte das sei klar… von wegen Umkennzeichnung… na egal.“ – „Wo haben Sie Ihre Vollmacht, dass Sie den Wagen zulassen dürfen?“ – „Wie, was? (wird unsicher) Was denn für eine Vollmacht?“

Sie brauchen eine schriftliche Vollmacht, wenn Sie für jemanden ein Auto zulassen wollen. Und Ihren Personalausweis“ – „Aber… (dreht sich suchend nach einer versteckten Kamera um) … das ist doch mein Auto. Ich bin doch der Halter.“ – „Das… (zögert) … das verstehe ich jetzt nicht“ – Draußen blökt der Nummerncomputer weiter, vereinzelt sieht man dunkelhäutige Mitbürger auf Unmengen von Nummernschildern geschäftig die Plaketten abkratzen. Ansonsten ist es sehr, sehr still in der neuen Zulassungsstelle. „Also noch einmal (seufzt): Ich möchte gern dieses Nummernschild IQ42 von meinem Audi nach kurzer Abstinenz wieder an meinem Audi anbringen und bitte hiermit untertänigst um Zulassung des selben.“ – „(guckt ein wenig böse durch seine Lesebrille) Werden Sie jetzt ironisch?“ – „Ja. Aber ich dachte, Sie hätten damit angefangen. Mein Auto (leicht gereizt). Meine Schilder. Mein IQ42!“ – „Sie? … Warten Sie mal kurz (gibt etwas in den Rechner ein) ja, Sandmann, hab‘ ich hier stehen.“ – „Na, da bin ich ja beruhigt (lacht verunsichert)…“ – „Fein, dann brauche ich noch Ihren Personalausweis und dann haben wir alles zusammen.

Ach… nein, haha (lacht viel zu laut und blickt vom Rechner auf) ich kann Ihnen IQ42 gar nicht geben, das hat gestern jemand reservieren lassen!“ – Sandmann mustert den Schalterbeamten mit einem Blick, der selbst diesem in seinem alltäglichen Trott driftenden Individuum gefährlich vorzukommen scheint. Er rollt auf seinem Drehstuhl ein paar Zentimeter zurück. „Ja. Denken Sie sich nur. Das war ICH. ICH habe dieses Nummernschild gestern reservieren lassen. Ist das nicht wundervoll?“ – „Aha. Und für welches Auto?“ – „Wie bitte???“ – „Das war ein Scherz! Hier (zack!) Stempel, Unterschrift, Fahrzeugschein kommt gleich aus dem Drucker. Zahlen Sie bitte da vorn am Kassenautomaten 11,60 Euro.

Mit den beklebten Schildern in der Hand verlasse ich die Zulassungsstelle. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, im Vorgespräch etwas verpasst zu haben und deshalb im falschen Film gelandet zu sein. Aber nun läuft ja der Abspann. Ich klemme die Schilder auf meinen Gepäckträger und blicke verunsichert hinüber zu den Abbrucharbeiten an der alten Zulassungsstelle. Der Nummerncomputer hat hier noch wesentlich nervigere Geräusche von sich gegeben, damals, als noch alles gut war. Und vielleicht hätten die ihre Angestellten mal informieren und/oder da rausholen sollen, bevor sie die ersten Räume einstürzen lassen. Zu meinem Büro sind es rund drei Kilometer. Ich muss immer wieder anhalten und lachen und lachen…

Können SIE das zulassen? Seien Sie mal ehrlich, wir haben doch alle unsere kleinen Zulassungsstellenkatastrophen erlebt. Was war Ihre? Ich bin sehr gespannt, ob Sie meine toppen können. Will lesen!

Sandmann

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Über Sandmann

Die Zeit ist zu knapp für langweilige Autos, Abende vor dem Fernseher oder schlechten Wein. Ich pendel zwischen Liebe, Leben und Autos und komme nicht zur Ruhe. Aber ich arbeite daran.

11 Antworten zu Tatort Zulassungsstelle

  1. Touranus sagt:

    Guten Morgen,
    ich hatte mal einen Audi 100 Typp 44 gekauft. Vom Werk aus gab es einen Fehler bei der Fahrgestellnummer. Die Korrektur wurde vom Kraftfahrtbundesamt zwar vorgenommen, jedoch befand sich sie sich auf der Rückseite dieser kleinen gefalteten Seite des alten Fahrzeugbriefs.
    Nun war es damals noch so, dass man in Lüneburg Fahrzeuge aus einem anderen Bundesland immer vorführen musste. Und da meine Auto nunmal vorher in Jesteburg bewegt wurde, musste auch dieses auf den Platz an der Rückseite des Gebäudes gefahren werden.

    Nunja… „Nehmen Sie doch bitte noch einen Augenblick Platz.“ Ich nahm Platz.
    Nach dem dritten Kaffee wurde ich dann doch etwas ärgerlich. Und wieso wirkte der vorher noch so nette Mitarbeiter auf einmal so nervös???
    DAS erklärte mir der dann eintreffende Beamte in grüner Uniform. Allerdings wollte er das erst tun, NACHDEM ich ihn begleiten sollte. Ich wollt aber nicht.
    Kurzform:
    Der Mitarbeiter der Zulassungsstelle hatte natürlich NICHT die Korrektur entdeckt und statt MICH anzusprechen, gleich die Polizei verständigt. Da ich aber vom Aussehen her anscheinend nicht in die Rubrik Autoschieber passte, und als solcher wohl auch nicht so dämlich wäre, in Seelenruhe Kaffee zu schlürfen und auf meine Verhaftung zu warten, konnte ich die Sache doch noch vor Ort aufklären.

    Und nachdem ich mich vergwissert hatte, das meine Hose keine feuchten Flecken abbekommen hatte und ich mein Herz von gaaaaaanz weit unten wieder an seinen Platz rücken konnte, durfte ich mit meinem damaligen Traum mit 5 Zylindern und 136 PS nach Hause.

    P.S.
    Ich finde es übrigens gut, dass Kennzeichen nur noch auf besonderen Wunsch ein Jahr lang auf das abgemeldete Fahrzeug gesperrt werden und ansonsten sofort wieder vergeben werden.

    Touranus

    • Sandmann sagt:

      Ay touranus,

      oha… Das ist ja spektakulär 🙂 ich kann verstehen, dass dir da das Herz in die Hose gerutscht ist. Und so…

      Aber sag mal, so langsam komm ich ja nicht mehr mit. Du hattest sogar mal den klassischen 5E mit 136 PS? Und heute einen Touran und einen Fox????? Sag, Junge, was ist denn da in der Zwischenzeit schief gelaufen?

      Sandmann

      • Touranus sagt:

        Moin Sandmann,
        der Typ 44er war ein Alptraum. Ein suuuuper Schnäppchen eines Hinterhofhändlers, der mir sogar Garantie anbot. Die brauchte ich auch, denn die Automatik wollte irgendwann nicht mehr in die 3. Stufe schalten. Was dann folgte, würde hier den Rahmen sprengen! Es endete in einer Aktion, die man nur mit ungeheurem Trotz, Selbstüberschätzung und Dummheit erklären kann.

        Mein Freund und ich bauten den Wagen auf Handschaltung um. Mit dem Getriebe eines Audi 90 Sport. Das passt doch gar nicht? RICHTIG! aber wenn man alle möglichen Lagerbuchsen tauscht, drei Schrottfahrzeuge auseinandernimmt und mit dem Pedalabstand eines Fiat Panda leben kann, geht auch DAS!

        Nun ja…der Touran war eine Kurzschlußentscheidung durch ein Angebot meines Chefs, und diese Beziehung wird im April wohl auch enden, und zu dem Fox möchte ich mich jetzt nicht äußern. Ein dunkles Kapitel, das hoffentlich bald abgeschlossen ist…. steht zur Zeit sowieso nur in der Garage rum.. *seufz*

        Wie gerne würde ich wieder Audi fahren. Audi 100 C4 2,6 am liebsten. Mein bisher liebster Wegbegleiter. Obwohl das Quattro Coupe auch etwas hatte… Aber man wird ja älter und…. ja was eigentlich? 😉

        Touranus

        • Sandmann sagt:

          Eben. Man wird älter, und man kann sich endlich mal die Karren leisten, an denen man vor einigen Jahren noch staunend vorbeigelaufen ist.
          Oder man ist endlich verrückt genug, mal was zu fahren, was unvernünftig ist! Solange wir das Benzin noch bezahlen können, werde ich mir auch mal einen 12-Zylinder von BMW gönnen. Einfach einmal einen haben…

          Grüße aus Hamburg
          Sandmann

  2. calimero sagt:

    Ein echter Klassiker 😀
    Ist das wirklich so pasiert? Oder hast du was dazu erfunden? Ich hab bisher nur meinen Golf zugelassen, da ging soweit alles gut.
    Schmunzelnde Grüße
    Abel

    • Sandmann sagt:

      Ay Calimero,

      na hör mal… habe ich denn JEMALS übertrieben? 😉
      Vielleicht ist der Golf 1 ja nicht dein letztes Auto, und vielleicht kommst du ja noch in den Genuss einer solchen Zulassungsgeschichte, bevor wir das auch alles über das Internet oder so machen können…

      Sandmann

  3. Sandmann sagt:

    Update:
    Irgendwie ist mir seit dem nie wieder sowas passiert.
    Werde ich altersmilde, strahle ich mehr Gelassenheit aus oder wird der Service besser…? 🙂
    Sandmann

  4. Snoopy sagt:

    Ich habe aus lauter Frust an einem Auto extra kein Wunschkennzeichen mehr.
    Nach Stunden des Wartens, falscher Schalter, falscher Schilder bin ich immer wieder froh wenn ich dieses Gebäude verlassen kann. Wird übrigens gerade auch neu gebaut.
    Ich war mir schon mal sicher das ich diesem Gebäude nicht mehr entkomme. Dabei wollte ich nur ein Überführungskennzeichen als gerade die neuen eingeführt wurden. Ach ja und beim letzten Mal habe ich es durch einen Händler machen lassen.
    Als nächstes steht vermutlich H beim Fiat an. Wollte ich nun auch mal machen. Aber das wird wieder was wegen Kennzeichengröße und ähnlichen Dingen.

    • bronx sagt:

      Ummelden ist hier sehr entspannend. Reinkommen, Nummer ziehen (welche man eigentlich nicht benötigt), da meist GLEICH aufgerufen, ran an den Schalter, Abwicklung, Schilder holen und beim Bezahlen stempeln lassen. Fertig! Zeit: max. 10 min.
      Als Ex-Berliner war ich anderes gewohnt. Unter minimal drei Stunden kam ich dort nie weg! Dazu rottenweise dunkle Schnauzbärte, welche einem permanent auf den Zeiger gehen. Sei es wegen ner Versicherung, oder „willsu Nummer haben, fuffsisch Uro.. mussu nischt warten Alda“…
      Hatte man sich dann zu den suizid-gefährdeten Mitarbeitern vorgekämpft, durfte man unterwürfig sein Anliegen vortragen. Aber wehe, es fehlte etwas. Keiner der dort schaffenden wird diesen Arbeitsplatz bis zur Rente haben. Die Atmosphäre dort ist übersättigt mit Drohungen, unflätigen Beschimpfungen des speziellen Klientels, manchmal auch Handgreiflichkeiten sowie sonstigen Cholerikern. Ein, wie auch immer geartetes, Arbeitsklima ist unmöglich! Führsorgepflicht des Dienstherren – geschenkt! Für die Erteilung eines Kurzzeit-Kennzeichens brauchte ich einmal geschlagene 6 (!) Stunden.

      Bei der „Umflaggung“ unseres Fuhrparks nach dem Umzug in’s Brandenburgische dachte ich, ich bin im falschen Film. In 15min war alles erledigt. Das sagte ich dem Mitarbeiter in Zossen auch und der meinte nur, dass sie sehr wohl wüssten, wie es in Berlin zuginge. Ich wäre nicht der erste, der derart erstaunt über die schnelle, freundliche Abwicklung wäre.

      Bronx

      • Sandmann sagt:

        Okay, das scheint NOCH eine ganz andere Nummer zu sein.
        Kiel ist ja da eher provinziell, aber es gibt schon gewisse Tage, da sitzen diverse Fähnchenhändler vor einem, jeder einzelne einen ganzen Stapel Nummernschilder auf dem Schoß 🙁

        Als ich die Kurzzeitkennzeichen für meinen Rudolf in Hamburg holte musste ich auch „nur“ 2 Stunden warten, bis ich dran kam. Da ist Verbesserungspotenzial 🙂
        Auf Kiel will ich dieser Tage nichts mehr kommen lassen, da ging anschließend immer alles glatt. Aber ich habe seit dem ja auch kein Auto mehr umkennzeichnen lassen…

        Sandmann

        • bronx sagt:

          Einen noch:
          Mitte der 90er begab ich mich mit einer frisch erworbenen S-Klasse (W-140, als dreijährigen Gebrauchten für einen guten Freund aus Stuttgart geholt) an obige Z-Stelle.
          Man muss wissen, diese Gegend ist nicht Berlins beste!
          Damals musste man ein Auto noch zur Ident-Prüfung (heutiger FIN-Abgleich) selbst vorführen.

          Es war die Zeit, als in und um Berlin massenweise Autos (bevorzugt mit Stern) verschwanden. Wie sich herausstellte mit tatkräftiger Hilfe der ehem. russischen Besatzer, welche nun ihrer eigentlichen Tätigkeit beraubt, nach anderer suchten. Die Autos wurden Nachts mittels Transportflugzeugen von Sperenberg ausgeflogen.
          Es war wirkliche, organisierte Kriminalität, mit allen Facetten.

          Ich stand also nun mit dem dicken „Helmut“ in der Warteschlange, da bemerkten mich 2 vor mir stehende Oliv-grüne Gesichter mit Schnauzer, die in einem dicken 7er BMW, neuester Machart saßen. Beide etwa Klitschko-Format und beim aussteigen sah ich sofort: ehem. Militär. Durchtrainiert, harter Blick, misstrauisch, witternd. Diese Art von Leuten KANN sich nicht anders bewegen. Beide kamen auf mich zu, sagten „gutt Autto, wieviel du wollen?“ Ich sagte auf russisch der Wagen wäre nicht zu verkaufen, da er gerade erst GEKAUFT wurde. Der eine meinte noch einmal leise „wieviel“, gefolgt von einem Wort, welches kein Russe ungestraft läst. Da muss man schon etwas Haltung bewahren.
          Da ich durch meinen Job ja einiges gewöhnt war und wusste, wenn ein Russe vor etwas Respekt hat, dann vor Papieren und Autoritäten, holte ich also meinen Dienstausweis heraus und eröffnete den Herrschaften das ich gerade dabei wäre den Wagen des künftigen Polizeipräsidenten zuzulassen. Und wenn sie mich davon abhielten, würde ihnen dieser „den ganzen Tag versauen“. Das wirkte und die beiden trollten sich in ihren Bimmer. Es sagt einiges über die Intelligenz der zwei, das ich mit dieser Geschichte durch kam! In kaum einem zivilisierten Land lässt der Pol-Präs seinen Karren selber zu, ausser vielleicht auf Martinique oder eben in Kaukasien. Auf dem Weg nach Hause schaute ich gefühlt mehr in den Rückspiegel als nach vorne. Als Helmut dann bei meinem Freund in der Garage stand, verzichtete ich auf’s Heimbringen und nahm mir ne Taxe. Nie wieder Ident mit so einem Kahn.

          Inzwischen ist das Geschichte, den Autoklau machen andere, die Zulassungsstelle ist jedoch wie eh und jeh einer der düstersten Orte in Berlin.

          Bronx

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