Treffen der Generationen

Wer hat das schönste Gesicht?

Wer hat das schönste Gesicht?

Der frühe Vogel kann mich mal!“ ist eine meiner liebsten Morgenparolen, sie klebt an meinem Badezimmerspiegel. Der wiederum ist weit weg, und Michis schongauer Spiegel schleudert dem eigenen blassen Antlitz keine solchen Weisheiten entgegen. Schon wieder aufwachen? Waren wir drei nicht gestern noch in Frankreich? Die Zeit rast schneller, als ich sie begreifen kann. Aber auf, auf an den Frühstückstisch, heute wollen ein paar Autos begut8et werden. Noch nicht Hintis Heilige Hallen und seine beiden Neuzugänge, die sind erst heute Mittag an der Reihe. Heute Vormittag geht es um D11, D2, D3 und E38. Falls Ihnen das nichts sagt, haben Sie a) die Sympathie meiner beiden Töchter und b) ein Oberklasse-Defizit. Das sind dicke Autos, mehr oder weniger alt. Und drei davon sind direkt verwandt 🙂

Aber fangen wir beim Fremdling an.

Warum nicht mal eine Niere?

Warum nicht mal eine Niere?

Es soll auf diesem Planeten Menschen geben, die es nicht nachvollziehen können, warum Männer oder Frauen dicke, alte Autos fahren. Mit Motoren, die viel zu groß und durstig sind, als dass manche Ihnen noch einen einzigen Atemzug gönnen würden. Aber muss ich das denn immer erklären? Muss ich Gründe dafür finden, dass es Frauen mit über 100 Paar Schuhen im Schrank gibt? Dass es Männer mit 50 und mehr Anzügen gibt? Dass in einigen Wohnzimmern 43 Terrarien mit Vogelspinnen und Schlangen oder 30 Aquarien mit allerlei Arten von Fischen stehen? Jeder wie er will, so lange es niemand anderem weg tut. Und unsere wenigen alten Autos machen diesen Planeten nicht kaputt, das kann ich Ihnen fast versprechen. Sind Sie denn nun ein Herr der Ringe? Greifen Sie lieber nach den Sternen? Oder darf ich Ihnen hier einmal eine Niere der besonderen Art präsentieren?

Die geballte Kraft von 12 Töpfen

Die geballte Kraft von 12 Töpfen

 

Vielleicht ist beim BMW 750 der Modellreihe E38 (von 1993 – 2001) ein letztes mal in der Firmengeschichte der Bayern klar zu sehen, wo die Wurzeln des blau-weißen Emblems mit dem Propeller sind: Die haben früher mal Flugzeugmotoren gebaut! Der längs eingebaute V12 mit seiner fast unverschämten Laufruhe liegt geduckt und mit betörender technischer Schönheit in dem auch sonst makellosen Motorraum. Die Münchener haben in den frühen 90ern ein technisch ausgereiftes, zeitloses und ungemein komfortables Automobil auf den Weg gebracht, das auch heute noch in der absoluten Oberliga mitschwimmen kann – zum Kaufpreis von zwei Monatsmieten einer Kieler 4-Zimmer-Wohnung.

Die Diva gibt sich zickig

Die Diva gibt sich zickig

 

Die Laufruhe ist sogar derart sagenhaft, dass sich irgendwie gar nichts bewegen will. Der lange Winter hat dem beeindruckenden Quader im Kofferraum (Dani und Michi haben da „Batterie“ zu gesagt) arg mitgespielt, und er ist nicht imstande, die mannigfaltigen gierigen Stromverbraucher UND den großvolumigen Zwölfzylinder zum Leben zu erwecken. Der gut durchorganisierte Michi hat sofort ein Starthilfekabel dabei, und Dani holt schon mal den Audi V8 – entschuldigung, EINEN der hier stehenden Audi V8 – ein Stück näher, um München unter Zuhilfenahme von Neckarsulm ein wenig Leben einzuhauchen. Meine Kinder sind nicht zu sehen, was treiben die da bloß in meinem Auto…?

Wir haben ja genug Starterbatterien dabei

Wir haben ja genug Starterbatterien dabei

 

Der Plan ist leider nicht von Erfolg gekrönt. Es blitzt, es funkt, der Motor dreht hoch und liefert eine Menge Spannung – aber der 7er will und will nicht anspringen. Mehr als ein KLACK ist dem großen Winterschläfer nicht zu entlocken. Eigentlich sehr schade, ich hätte das bayerische Traumschiff gern einmal akustisch wahrgenommen. Aber was nicht ist, kann ja noch kommen. Michi ist derart voll des Lobes über dieses Luxusschnäppchen, dass er ihn wohl so schnell nicht mehr hergeben wird. 12 Zylinder. Ich denke da ja seit Jahren drüber nach, momentan kann man sie noch bezahlen… Aber wenn das mit der Elektro-Mania so weitergeht, bekommen wir Benzin bald wieder nur noch in der Apotheke, und dann wird es eng mit solchen Motoren.

Unter der Plane grinst ein Neuwagen

Unter der Plane grinst ein Neuwagen

 

Ich stehe ja sehr auf Verhüllungen. Vielleicht erinnern Sie sich ja noch an meine kleine Rätselgruppe in Südfrankreich? Hier in der käselandigen Halle stehen auch ein paar Rätsel herum, die aber allesamt zu entkleiden sind. Eines ist der „Lange“ von Dani, also einer von nur 271 gebauten Audi V8 in der Langversion. Ein weiteres ist jener silberne Gesell, der sich als makelloses ehemaliges Werksfahrzeug der schweizer AMAG entpuppt. Dani hat ihn 1990 als Jahreswagen erstanden, der Zustand ist sagenhaft! Es gibt also noch immer Audi V8 in diesem Land, die neu aussehen, neu riechen und sich neu anfühlen. Wunderschön. Obwohl ich Silber nicht mag. Aber der hat Stil.

Für weitere Schwärmereien ist es allerdings ein bisschen zu kalt, außerdem wollen wir drei ja noch weiter zum Stefan H. und den Heiligen Hallen. Also lösen wir die Guckerei auf und versammeln und draußen, um unsere Generationen von Audimobilen einmal in eine Reihe zu bringen.

Klassentreffen mit Mentor

Klassentreffen mit Mentor

Überhaupt – wir drei? Wo stecken meine Töchter? Ah – noch immer in meinem Auto. Und sie lachen? Was ist da bloß los? Wie dem auch sein, Mädels, ich will mein verdrecktes Oberklassegefährt gern einmal ausrichten, und ihr könnt mich dabei einweisen. In hübscher Aufstellung haben wir hier Audi V8 (1988 – 1994) mit der internen Bezeichnung D11, daneben Audi A8 (1994 – 2003), interne Typenbezeichnung D2 und ganz rechts Audi A8 (2003 – 2009), interne Typenbezeichnung D3. Drei ungleiche Brüder mit mehr oder weniger Elektronik an Bord, in mehr oder weniger gepflegtem Zustand. Bei meinem geht alles in Richtung „weniger„. Aber er hat ja auch bald die halbe Millionen runter! Nur so als Tipp: Wenn Sie heute eine Menge nicht rostendes Auto für kleines Geld suchen, nehmen Sie so einen D2 wie den von Dani…

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Es brennt fast in den Augen, die automobile Weiterentwicklung innerhalb einer Marke einmal aus der Nähe gebündelt zu sehen. Neben Michis auch nicht mehr nagelneuem A8 sieht mein V8 aus wie ein kantiger, alternder Dinosaurier. Und ich finde das gut 😀

Voran der Ur-Oberklässler

Voran der Ur-Oberklässler

Inzwischen ist mir auch aufgegangen, was meine beiden Schönheiten während meiner Überbrückungsphase getrieben haben. Lisa, mein treues Navi, spricht nun mit den Stimmen meiner Kinder zu mir und ist sich auch nicht zu schade, mich beim falsch Abbiegen anzupöbeln. Diese kleinen Ratten. Dass mich das am Sonntag den gesamten Rückweg immer wieder auflachen lässt kann ich heute noch nicht ahnen 😉 Die Sonne kommt über den Bergen zum Vorschein und beleuchtet die Szenerie auf diesem Bauernhof so warm, als hätten wir Frühling. Und so geht es weiter in Richtung Nordschweiz, Autobahnen vermeiden, warum hat eigentlich niemand eine Mautvignette gekauft? Irgendwas ist ja immer. Folgen Sie mir in die Heiligen Hallen zu einem alten Volvo und einem alten Honda – und nicht zuletzt nach Hallau, wo der Käse im Gewölbekeller schon nach uns ruft!

Sandmann

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Über Sandmann

Die Zeit ist zu knapp für langweilige Autos, Abende vor dem Fernseher oder schlechten Wein. Ich pendel zwischen Liebe, Leben und Autos und komme nicht zur Ruhe. Aber ich arbeite daran.

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